Interview des Monats: Homayoun Farhadian

"Unsere Kunden achten auf Qualität"


Die Familie Farhadian um Faradj, Homayoun, Banafsheh und Rana führt zwei erfolgreiche Unternehmen: Homayoun Farhadian ist seit Mitte 2016 Geschäftsführer des Produzenten Zarbaffar in Teheran (Iran); seine Schwestern Banafsheh und Rana Farhadian leiten die Geschicke der Vertriebsgesellschaft Faradj & Homayoun Farhadian OHG in der Hamburger Speicherstadt. Dabei handelt es sich um zwei eigenständige und unabhängige Unternehmen, die gleichzeitig eng zusammenarbeiten. Carpet XL sprach mit der Familie über Herstellungsprozesse, die internationale Marktsituation und das Zusammenspiel zwischen dem Produzenten und dem Importeur.


Carpet XL: Herr Farhadian, das Hamburger Vertriebsunternehmen Faradj & Homayoun Farhadian trägt Ihren Namen, Sie selbst sind aber Geschäftsführer des iranischen Produzenten Zarbaffar. Wie hängt das zusammen?

Homayoun Farhadian: Im Jahr 1999 haben mein Vater Faradj, meine Schwester Banafsheh und ich das Importunternehmen Faradj & Homayoun Farhadian OHG gegründet. Banafsheh und ich haben das Teppichfach von unserem Vater gelernt, der inzwischen 45 Jahre Branchenerfahrung mitbringt. Mitte 2016 bin ich dort ausgestiegen und zu unserem Lieferanten Zarbaffar Export Co. im Iran gewechselt. Ich war auf der Suche nach einer neuen Herausforderung, die ich bei Zarbaffar gefunden habe.

"An erster Stelle steht die nomadische Knüpftradition."

Carpet XL: Zarbaffar liefert die Nomadenknüpfungen, für die die Farhadian OHG so bekannt ist. Was steht hinter dem Unternehmen?

Homayoun Farhadian: Wir beschäftigen rund 8.000 nomadische Gashghai-Knüpferinnen in der Region Fars, die unterschiedlich feine Teppiche von Gabbeh bis Loribaft anfertigen. Die Nomadenteppiche werden ausschließlich von Frauen in Heimarbeit geknüpft. Sie gehören traditionellen Ghashghaistämmen an und führen ihre Knüpftradition damit fort.

Carpet XL: 8.000 Knüpferinnen, das bedarf einer guten Organisation ...

Homayoun Farhadian: Allerdings. Die Frauen wohnen ja über das ganze Fars-Gebiet verteilt, das sich über rund 120.000 km2 erstreckt; flächenmäßig entspricht das etwa einem Drittel der Bundesrepublik Deutschland. Wir beschäftigen ca. 60 Controller und acht Headcontroller, die die Produktion in den verschiedenen Dörfern überprüfen und anleiten. Mindestens zweimal im Monat wird jede Knüpferin von einem Controller besucht.

Carpet XL: Und die Nomadinnen arbeiten an einem festen Sortiment?

Homayoun Farhadian: Einerseits sind gewisse Produkte wie Loribaft-Atash, Lori-Nowbaft und Lori-Tabiibaft natürlich immer in der Produktion; das sind jährlich rund 30.000 m2. Andererseits richten wir uns bei Zarbaffar aber auch nach der aktuellen Nachfrage und steuern die Herstellung entsprechend.

Carpet XL: Heißt das, dass Kundenwünsche in Sachen Design, Farben und Größen umsetzbar sind?

Homayoun Farhadian: Ja, allerdings fertigen wir solche Wunschknüpfungen nur für bestehende Kunden an, die jährlich einen gewissen Umsatz mit uns tätigen; so etwas ist ja mit Mehrkosten und -arbeit verbunden. Und da die Knüpferinnen über mehrere Orte verteilt sind und nicht wie in anderen Produktionsländern in einer Halle oder Knüpfcamps arbeiten, können wir keine festen Lieferzeiten garantieren. Das akzeptieren unsere Kunden aber gern, weil sie wissen, dass sie dafür besondere Unikate bekommen. Generell lassen wir Trends und Kundenwünsche bei der Produktweiterentwicklung immer wieder einfließen; nur so kann der Teppich auf Dauer überleben. Das funktioniert für uns aber nur bis zu einem gewissen Grad: An erster Stelle steht immer die nomadische Knüpftradition.

"Unsere Kunden achten auf Qualität."

Carpet XL: Wie hebt sich Zarbaffar von anderen Anbietern ab? Und wie geht man beispielsweise mit dem Wettbewerb aus Indien um?

Homayoun Farhadian: Bei Zarbaffar haben wir uns zum Ziel gesetzt, in der Produktion immer zwei Stufen besser zu sein als andere. Deswegen legen wir an erster Stelle sehr großen Wert auf das Rohmaterial und verwenden nur beste langfaserige handversponnene Wolle und hochwertige Pflanzenfarben für eine hohe Farbbrillanz. Außerdem gewähren wir den Knüpferinnen bei der Umsetzungen der Designs gewisse Freiheiten, so wird jeder Nomadenteppich zum Unikat. Auch unseren Knüpferinnen und ihren Familien muss es gut gehen; nur so können auch hochwertige Teppiche entstehen. Neben dem Knüpflohn erhalten sie zu verschiedenen Anlässen - etwa dem persischen Neujahr - finanzielle Zuschüsse, eine Art persisches "Weihnachtsgeld".

Der Wettbewerb aus Indien hat uns anfangs tatsächlich beschäftigt, zumal die Knüpfungen ja nicht schlecht sind. Allerdings hat sich mit der Zeit herausgestellt, dass sich das persische Original nicht ohne Weiteres nachahmen lässt: Die echten nomadischen Teppiche sind besonders lebhaft im Ausdruck und bleiben auch nach nochmaliger Wäsche schön. Das haben viele Kunden bald erkannt, die Nachknüpfungen eingekauft haben, und sind zu uns zurückgekehrt.

Carpet XL: Die echten persischen Nomadenknüpfungen kosten natürlich etwas mehr. Wie preissensibel ist denn der heutige Kunde?

Homayoun Farhadian: Der schaut in erster Linie auf Qualität. Gerade wenn es im Einzelhandel auf und ab geht, muss die Ware top sein. Und wir sind immer bemüht, die besten Teppiche zum besten Preis anzubieten.

"Erst das Finishing macht den Teppich zum Spitzenprodukt."

Carpet XL: Das Knüpfen ist das eine, Finishing etwas ganz anderes. Ihr Unternehmen ist berühmt für seine besondere Wäsche und das hochwertige Finishing der Ware. Was passiert nach dem Knüpfen?

Homayoun Farhadian: Im Headquarter bei Teheran arbeiten etwa 150 Mitarbeiter, die die Zarbaffar-Teppiche aus dem ganzen Iran waschen und veredeln, sich also um das sogenannte "Finishing" kümmern. Und das ist ebenso wichtig wie die hohe Qualität der Rohstoffe und der Knüpfung. Erst durch die professionelle Veredlung wird der Teppich zu einem echten Spitzenprodukt, und das ist noch mal ein langer, kostenaufwendiger Prozess. Zum Beispiel werden bei jedem Teppich die Shirazi (Red.: Seitenabschlüsse) ausgewechselt: Sie müssen richtig fest sitzen und dürfen nach mehrmaligem Staubsaugen nicht aufbrechen. Auch der Kelim-Abschluss wird durch einen neuen, edleren Webabschluss ersetzt. Und natürlich wird der Teppich traditionell mindestens dreimal in verschiedenen Prozessen gewaschen, um seinen besonderen Glanz zu erhalten. Dafür verwenden wir nach Spezialrezepturen hergestellte Zusätze aus natürlichen Stoffen.

Carpet XL: Bietet Zarbaffar auch Produkte an, die man nicht über die Faradj & Homayoun Farhadian OHG in Hamburg beziehen kann?

Banafsheh Farhadian: Beide Unternehmen führen die gleichen Produktgruppen. Aus Platzgründen kann Zarbaffar aber in Teheran viel mehr Ware anbieten. Dort stehen auf 10.000 m2 Lagerfläche über 100.000m2 Teppiche zur Wahl. Das ist natürlich in Hamburg bei ca. 2.000 m2 Ausstellungsfläche nicht machbar. Generell gilt: Unsere Kunden können sowohl im Iran bei Zarbaffar als auch in Deutschland bei der Farhadian OHG einkaufen; in Teheran werden sie von Homayoun bedient, in Hamburg von Rana und mir. Die Preise sind an beiden Standorten identisch; im Iran hat der Kunde "nur" eine größere Auswahl.

"Sehr erfolgreiche Zusammenarbeit mit den Filialisten."

Carpet XL: Banafsheh Farhadian, die Geschäftsführung des Familienunternehmens Faradj & Homayoun Farhadian OHG liegt heute Ihren Händen.

Banafsheh Farhadian: Ja, dabei steht mir meine Schwester Rana zur Seite: Sie kümmert sich um die Buchhaltung und beantwortet Kundenanfragen. Ich selbst bin schon seit der Gründung im Jahr 1999 dabei und habe das Teppichfach bei meinem Vater Faradj gelernt.

Carpet XL: Welche Kundengruppen und Märkte bedient die OHG?

Banafsheh Farhadian: Wir beliefern ein großes Kundennetzwerk und dabei vor allem zwei Arten von Kunden: die Fachgeschäfte und die Chain Stores. Die arbeiten übrigens mit unserer Ware so erfolgreich, dass auch wir dadurch wachsen konnten.

Carpet XL: Andere Länder, andere Geschmäcker, heißt es. Inwiefern macht sich das bei den internationalen Bestellungen bemerkbar?

Homayoun Farhadian: Designtechnisch sind uns keine großen Unterschiede aufgefallen, wir prägen den Trend mit unseren neuen Designs oft selbst. Allerdings werden in den verschiedenen Ländern durchaus unterschiedliche Formate gewünscht: Einige bevorzugen kleine Größen, andere wiederum große Teppiche.

Carpet XL: Größere Teppichformate werden erfahrungsgemäß in den USA geordert. Bis vor einiger Zeit gab es hier allerdings noch ein Embargo ...

Banafsheh Farhadian: Der US-amerikanische Markt ist natürlich eine große Herausforderung für uns; gerade bei einer Produktgruppe, die wenig mit Orderware zu tun hat. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass wir diesen Markt bald für uns erschließen. Das hängt natürlich auch von der dortigen wirtschaftlichen Situation ab.

Carpet XL: Die Farhadian OHG bietet ein rein persisches Sortiment an. Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, auch Ware aus anderen Herkunftsländern mit ins Programm zu nehmen?

Homayoun Farhadian: Die Überlegung war da, aber dann haben wir uns entschlossen, uns ganz auf unser Spezialgebiet Iran zu konzentrieren - mit dem Anspruch, die beste Ware von dort anzubieten. Wir wollen damit eine klare Linie fahren; es soll auch nicht die Befürchtung entstehen, dass Teppiche falsch deklariert werden.

"Durch die enge Zusammenarbeit können wir Produktion und Finishing steuern."

Carpet XL: Welche Vorteile hat die sehr enge Zusammenarbeit mit dem Hersteller Zarbaffar?

Banafsheh Farhadian: Durch die enge Verbindung sind wir in der Lage, Teppiche direkt vom Produzenten anzubieten, und haben durch eine Exklusivität mit Zarbaffar auch die Möglichkeit, Produktion, Finishing und diverse Qualitäten zu steuern. Seit Homayoun bei Zarbaffar eingestiegen ist, sind Kontrolle und Steuerung der Produktionsware sowie das Finishing besser geworden. Homayoun weiß genau, wo Prioritäten zu setzen sind, und das schätzen die Kunden sehr.

Carpet XL: Und was planen Sie mittelfristig? Wo sehen Sie die beiden Unternehmen in etwa fünf Jahren?

Banafsheh Farhadian: Wenn alles weiter so läuft wie jetzt, gewinnen beide Unternehmen Kunden hinzu, und Zarbaffar wird seine Kapazitäten vergrößern. Allerdings führt das auch mit sich, dass einige andere Anbieter wegbrechen.

Carpet XL: Da ist es sicher wichtig, Präsenz zu zeigen. Die Faradj & Homayoun Farhadian OHG ist ja immer mit einem sehr großen Stand auf der Domotex vertreten; offenbar hat die Messe einen hohen Stellenwert für Sie.

Homayoun Farhadian: Stimmt, gleichzeitig müssen wir aber unsere Kosten im Blick behalten. Und da es für uns nicht infrage kommt, an der Qualität unserer Teppiche zu sparen, treten wir auf der Domotex 2017 etwas kleiner auf. Unsere Kunden kaufen immer mehr über das Jahr verteilt und auch vor der Domotex bei uns in Hamburg oder in Teheran. Auf der Messe gilt es dann noch die Lücken zu schließen. Natürlich zeigen wir in Hannover weiterhin exklusive Teppichkollektionen, allerdings in einem kleineren Umfang.

Carpet XL: Gibt es noch weitere Messen, die für die Farhadian OHG und Zarbaffar wichtig sind?

Homayoun Farhadian: Wir konzentrieren uns auf zwei Hauptmessen im Jahr, die Domotex im Januar und die Teheraner Teppichmesse im August. In Teheran veranstaltet Zarbaffar zusätzlich eine eigene Hausmesse, nicht weit vom Messegelände entfernt. Diese Hausmesse ist ideal für Kunden, die sich noch kurz vor dem Weihnachtsgeschäft eindecken möchten.

Carpet XL: Hamburg galt lange Zeit als weltgrößter Teppichumschlagplatz. Wie sehen Sie die jetzige Entwicklung und die Zukunft dieses Standortes in Hinblick auf den Knüpfteppich?

Rana Farhadian: Das war nicht nur früher so, das gilt auch heute noch - durch die starke Präsenz der iranischen Importeure. Es liegt in der Natur des Marktes, dass einige weniger engagierte Teilnehmer wegbrechen.•
aus Carpet Magazin 01/17 (Wirtschaft)