Imm Cologne

Halle 9 hat aufgerüstet


Köln. Mit einem Besucherrekord ging im Januar die imm Cologne zu Ende. Traditionell ist die Halle 9 der Treffpunkt der Schlafbranche, die sich in guter Stimmung und mit teilweise neuen Ständen optimistisch präsentierte - trotz oder gerade wegen eines schwieriger gewordenen Marktes. Dagegen blieb Halle 5.1 für den deutschen Handel eher uninteressant. Mit dem Schwerpunkt Nachhaltigkeit hatte der Matratzenverband ein Zukunftsthema auf die Agenda gesetzt. Neue Marken und der Blick ins das Verkaufen der Zukunft rundeten den positiven Eindruck ab.

Trotz der teilweise schlechten wirtschaftlichen Lage herrscht eine positive Stimmung." Die Messe-Laune von Dr. Ulrich Leifeld wurde in Köln auch angesichts eines schwieriger werdenden Markt-umfeldes kaum getrübt. Während alle Welt über die Matratzen-Start-ups spricht und die Online-Konkurrenz aufmerksam beobachtet, blieb Leifeld weitgehend gelassen, auch wenn sein Verband zum Jahresende 2016 zwei Mitglieder verloren hat. "Die Insolvenzen von Bast und Dunlopillo zeigen nur allzu deutlich, dass die Rahmenbedingungen heute selbst für traditionsreiche und innovative Unternehmen alles andere als einfach sind", so Leifeld.

Gleichwohl war der Geschäftsführer des Fachverbandes Matratzenindustrie mit Resonanz und Frequenz in der Sleep-Halle 9 zufrieden: "Alle haben noch einmal aufgerüstet und Geld in die Hand genommen", lobte er die Aussteller. Die EuroComfort Group beispielsweise war mit einem völlig neuen Stand nach Köln gekommen, aber auch Unternehmen wie Metzeler, DOC, Froli und andere Hersteller präsentierten sich mehr in mehr oder weniger neuem Gewand und trugen so zur weiter steigenden Attraktivität der Sleep-Halle bei. Sie erhält durch die Mitglieder des Matratzenverbandes ihr Gepräge, unter denen sich denen sich neben den bereits Erwähnten auch Akva Waterbeds, Diamona, Ergovital, Fey, Hilding Anders, Rummel und Tempur Sealy in Halle 9 (sowie Hülsta in Halle10) fanden.

"Und wer keinen schönen Stand bauen kann, der gehört hier auch nicht rein", konnte sich Leifeld einen kleinen Seitenhieb auf die Aussteller in Halle 5.1 nicht verkneifen, wo das Sleep-Segment ebenfalls vertreten war, allerdings ohne einen interessanten Publikumsmagneten - Tempur war bereits im Vorjahr aus der 5 in Halle 9 zurückgekehrt, und die Recticel-Gruppe kommt nur noch alle zwei Jahre zur Möbelmesse. Die Musik für die Schlafbranche spielte also wieder eindeutig rund um die Sleep-Lounge des Verbandes, die in der Hallenmitte ein beliebter Treffpunkt ist.

Birkenstock-Premiere mit viel Resonanz

Allein, auch einen Abstecher in die benachbarte Halle 10 ließen sich viele Messebesucher nicht entgehen, um die Präsentation der erstmals auftretenden Marke Birkenstock zu erleben. Deutschlands größter Schuhhersteller hat sein Produktportfolio erweitert und in Kooperation mit dem österreichischen Polstermöbel- und Matratzenhersteller Ada eine eigene Bettenkollektion auf den Markt gebracht. Die Premiere in Köln darf als gelungen bezeichnet werden: "Wir haben ein ausgesprochen gutes Feedback bekommen", freute sich Birkenstock-Kommunikationsmanager Jan Leder an einem Stand, in dem es wie im sprichwörtlichen Taubenschlag zuging. "International war es geradezu euphorisch."

Starke Marken kann der Markt schließlich immer gebrauchen. Birkenstock-Schuhe besitzen in Asien und den Vereinigten Staaten Kulturcharakter, auch hierzulande werden sie von vielen Verbrauchern ob ihrer Qualität und Bequemlichkeit sehr geschätzt. Daran knüpft das Unternehmen auch mit seinen Boxspringbetten und Matratzen an, wo neben der Ergonomie auch das Thema Naturmaterialien eine entscheidende Rolle spielt.

"Es gibt keine dezidierte Zielgruppensegmentierung", erklärte Leder mit Blick auf die potenzielle Käuferklientel, die Produkte eignen sich für alle, die sich für gesunden Schlaf interessieren und qualitätsbewusst sind." Das hat seinen Preis, man bewegt sich klar im Premium-Segment. Noch vor Jahresmitte sollen die Birkenstock-Schlafsysteme im Fachhandel stehen. Leder: "Die Betten soll jeder verkaufen können, der eine kompetente Beratung anbietet.

Ein Thema, das auch Ulrich Leifeld und den Matratzenverband angesichts der vielen Online-Anbieter zunehmend umtreibt. Der stationäre Handel müsse sich in aller Deutlichkeit von der beratungsarmen Onlinekonkurrenz abheben: "Spätestens jetzt - im Wettbewerb mit dem Onlinehandel, der überwiegend one size fits all-Lösungen vertritt - ist es an der Zeit, dem Kunden im Gespräch und beim Probeliegen zu zeigen, wie individuell die Matratze zu ihm passen muss. Da sind keine Phrasen erwünscht, sondern gezielte, qualifizierte Beratungskompetenz", so Leifeld.

Das sieht man im Handel teilweise recht gelassen. Gleich mehrere Händler äußerten im Gespräch gegenüber der Haustex die Erwartung, dass viele Online-Käufer von Universalmatratzen über kurz oder lang wieder im stationären Fachhandel landen - teilweise machen sie bereits diese Erfahrung.

Kehrt Dunlopillo wieder zur Messe zurück?

Zwei, die auf beiden Hochzeiten tanzen, waren in Köln ebenfalls unterwegs und in viele intensive Gespräche verwickelt. Und das lag nicht allein daran, dass Manuel Müller und Dr. Dennis Schmoltzi mit Emma-Matratzen und dormando.de das Online-Thema prominent repräsentieren (und auch ein stationäres Geschäft betreiben). Die beiden jungen Unternehmer machten kurz vor der Möbelmesse durch den Kauf der (siehe oben) traditionsreichen Matratzenmarke Dunlopillo auf sich aufmerksam. Bis vor zwei Jahren war das Unternehmen stets in Halle 9 präsent.

Ob das 2018 auch wieder der Falls ein wird? Eigentlich war der Deal mit der Emsdettener Firma Fey, sich die attraktive Fläche in der Hallenmitte im Zwei-Jahres-Turnus zu teilen. 2017 wäre ein Dunlopillo-Jahr gewesen, Fey sprang ein - und wäre regulär auch im kommenden Jahr am Zug. Oder kommt dann doch Dunlopillo zurück?

So weit mochten sich die beiden neuen Inhaber noch nicht aus der Deckung wagen. Müller und Schmoltzi müssen nun erst einmal sehen, die Marke wieder flott zu kriegen, in der Breite lieferfähig zu werden und ein Produktportfolio zu entwickeln, das am Markt bestehen kann. Die Markenstrategie soll auch mit einer geplanten TV-Kampagne ab Herbst untermauert werden.

Ein großes Ziel verkündete auch Timo Hoffmann auf der Kölner Messe: Wachstum - und zwar ordentlich. Das vierte Quartal 2016 war das erste nach 13 vorangegangenen, in dem Tempur Sealy wieder geplant gewachsen sei, erklärte der Sales Director. Es soll nicht das letzte gewesen sein: "Wir wollen 2017 deutlich und klar über den einstelligen Bereich hinaus", formulierte es Hoffmann. Ein sportliches Ziel, aber vielleicht genau die positive Messe-Stimmung, die Matratzenverbands-Geschäftsführer Leifeld meinte.

VR-Brille als neues Verkaufs-Tool

Sie herrschte auch am Stand der EuroComfort Group vor, wo wie zuvor bereits in Frankfurt das Thema Virtual Reality groß gespielt und als Verkaufen der Zukunft inszeniert wurde. Mit Hilfe einer VR-Brille können Endverbraucher ihr individuelles Boxspringbett konfigurieren und dabei in die virtuelle 3D-Welt eintauchen - was zahlreiche Besucher am Stand begeistert ausprobierten. "Viele haben die Gelegenheit genutzt und es ausprobiert. Damit können sie ihr Bett selbst konfigurieren und dieses dreidimensional erleben", freute sich CEO Thomas Bußkamp. "Sie nehmen ein ausgedrucktes Bild mit und können sicher sein: what you see is what you get. Wir sind übrigens die einzigen in der Branche, die so etwas anbieten."

Ihre Messe-Premiere in Köln feierten Bettwaren-Hersteller Centa-Star aus Stuttgart und der Münchner Naturmatratzenhersteller Shogazi. Am Stand von Centa-Star war ein Boxspring-Bett platziert, das viele Besucher wohl nur als Stand-Deko wahrgenommen haben dürften. Dass das Bett mit dem Namen Centa-Star gelabelt war, durfte man allerdings als Hinweis verstehen, dass sich hier in absehbarer Zeit möglicherweise mehr entwickelt.

Shogazi wiederum war mit seinem Naturlatexmatratzen passend zum Schwerpunkt der Sleep-Präsentation gekommen. Denn der Matratzenverband hatte das Thema Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt gerückt, das sich nicht nur in der Gestaltung der Sleep-Lounge wiederfand, sondern auch mit einem Vortragsprogramm abgerundet wurde.

Inhaltliche Unterstützung holte sich der Verband dabei vom renommierten Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie. Von dort kam Klaus Wiesen, Projektleiter der Forschungsgruppe Nachhaltiges Produzieren und Konsumieren, und hielt einen Vortrag zu den Anforderungen an die Möbel- und Matratzenindustrie aus der Perspektive einer nachhaltigen Entwicklung.

Nachhaltigkeit als Zukunftsthema

Wiesen ermunterte die Branche zu einem aktiven Nachhaltigkeits-Management. Zwei Drittel der Verbraucher seien bereit, für nachhaltige Marken mehr zu zahlen. "Die Wertigkeit einer Marke durch Nachhaltigkeit aufzuladen, wird in Zukunft wichtiger werden, um als Marke beim Verbraucher anzukommen", so Wiesen. "Als Unternehmer muss man sich bewusst werden, was die eigenen Umweltrisiken sind und die der Zulieferer, und daraus die entsprechenden Maßnahmen entwickeln." Wie weit das Früchte trägt, blieb an dem Messe-Vormittag indes offen. Hier ist es an den Verbandsvertretern, das Thema weiter in die Branche zu tragen.

Bei allem Nachdenken über aktuelle und zukünftige Entwicklungen durfte die Geselligkeit natürlich nicht zu kurz kommen. Am Messe-Dienstag stand die Messeparty meet@sleep wieder ganz im Zeichen des Netzwerkens und Feierns. Nachdem sich im vergangenen Jahr nicht alle Besucher zu benehmen wussten, wollten Matratzenverband und Koelnmesse 2017 zwar etwas strenger sein und die bewährte Partyband von Günther Matern nur von 20 bis 22 Uhr spielen lassen. Dass dies nicht ganz so konsequent gehandhabt wurde, tat der Stimmung gut - und mit neuem Caterer und frischem Kölsch wurde es ein stimmungsvoller Abend und ein gelungener Branchentreff, bei dem auch Koelnmesse-Geschäftsführerin Katharina C. Hamma vorbeischaute.

Sie zog eine positive Bilanz der Messe: "Nirgendwo sonst werden Angebot und Nachfrage in dieser Qualität so effektiv zueinander geführt wie zur imm cologne und der LivingKitchen", so Hamma. Die Küchen-Schau fand 2017 wieder statt, sie kommt ja nur alle zwei Jahre nach Köln. Beide Veranstaltungen zusammen verzeichneten in diesem Jahr einen Besucherrekord: "Wir haben unser Ziel erreicht und die Marke von 150.000 Besuchern geknackt", freute sich Gerald Böse, Vorsitzender der Geschäftsführung der Koelnmesse. Mit einem Anteil von nahezu 50 Prozent kam fast jeder zweite Fachbesucher aus dem Ausland. "Damit liegen wir bei der Internationalisierung der Veranstaltungen voll auf Kurs", so der Messechef weiter.

Von den 104.000 Fachbesuchern kamen rund 56.000 aus Deutschland und rund 48.000 aus dem Ausland (plus 4 Prozent). Für Europa konnten Steigerungen vor allem aus Spanien (plus 25 Prozent), Russland (plus 26 Prozent), Italien (plus 19 Prozent) und Großbritannien (plus 13 Prozent) verzeichnet werden. Gut entwickelt haben sich auch die Besucherzahlen aus den Niederlanden und Polen. Mehr Fachbesucher kamen auch aus Übersee, insbesondere aus China (plus 5 Prozent), Südkorea (plus 12 Prozent) und Indien (plus 5 Prozent). Gestiegen sind auch die Besucherzahlen aus dem Nahen Osten (plus 19 Prozent), hier besonders aus den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Die nächste imm cologne findet vom 15. bis zum 21. Januar 2018 in Köln statt - dann im Doppel mit der LivingInteriors.
aus Haustex 03/17 (Wirtschaft)