"Die Stärke des Einzelhandels liegt in der Präsenz vor Ort"


Tobias Burkhardt, Geschäftsführer der Akademie für digitale Transformation - Shiftschool, glaubt nicht, dass der Handel bald nur noch online stattfindet. Auf der Sikkens Fachhandelstagung empfahl er kleinen Händlern, sich regional mit Serviceangeboten zu positionieren.

Ein altes Credo der kaufmännischen Denkweise erlebt eine Renaissance: Der Kunde ist König. Angetrieben wird die wiedererstarkte Wertschätzung durch die Digitalisierung. Sie setzt die Geschäftsmodelle des stationären Fachhandels unter Druck und zwingt die Branche zu tiefgreifenden Veränderungen. Tobias Burkhardt, Geschäftsführer der Akademie für digitale Transformation - Shiftschool in Nürnberg, servierte seinen Zuhörern bei der Sikkens Fachhandelstagung dazu zwar keine Patentrezepte. Um gegen die Konkurrenz aus dem Internet zu bestehen, gebe es aber eine gute Grundlage: "Ihre Stärke ist die Präsenz vor Ort."

Burkhardt sieht für kleine Händler den parallelen Betrieb von Onlineshops zum stationären Geschäft kritisch. "Es wird schwierig, den Großen technologisch und logistisch hinterher zu kommen." Zudem müssten sich die Händler online dem bundesweiten Wettbewerb stellen, während sie als stationäre Anbieter in ihrer Region lokale Player für die Kunden aus der Umgebung seien. "Onlineshops werden Ihr Kerngeschäft nicht retten", betonte der Digitalisierungs-Experte. "Sie haben mehr Möglichkeiten vor Ort."

Er empfahl, sich auf Kunden zu konzentrieren, die Beratung sowie Service benötigen und bereit seien, dafür mehr zu zahlen. Ihnen müssten Einkaufserlebnisse bereitet werden. Welcher Art, das sei der Kreativität der Händler überlassen. Als Beispiele nannte Burkhardt einen Lieferservice und Events für die Kundenbindung. Zudem riet er zum Zusammenschluss mit anderen Gewerken, um den Service hin zu einem Rundum-Paket zu erweitern. Doch ganz gleich, wofür man sich entscheide: Der Händler müsse sich in den Kunden hineinversetzen und sich immer wieder die Frage stellen, wieso dieser ausgerechnet bei ihm kaufen solle.

"Der Handel wird auch in Zukunft nicht komplett online gehen", ist Burkhardt überzeugt. "Aber wer nichts tut, geht unter." Es gehe nicht darum, das Geschäft vollkommen umzustrukturieren. Wichtig seien viele kleine Experimente, die sich auch mit wenig Geld umsetzen ließen. Dafür eigneten sich Aktionen über soziale Medien wie Facebook sehr gut. Als absolut notwendig stufte Burkhardt eine eigene Webseite ein. Auch die könne mit geringem Budget vom Händler selbst aufgebaut werden. Wichtig sei, dass die im Responsible Design gestaltete Seite dann über Google Business registriert wird und damit gut auffindbar ist. Und sie müsse regelmäßig gepflegt werden.

Burkhardt versuchte, seinen Zuhörern die Angst vor der digitalen Zukunft zu nehmen. "Technologie macht eigentlich alles einfacher. Man muss aber die Chancen sehen, die sich daraus ergeben." Er appellierte an die Händler, positiv mit dem Thema umzugehen und möglichst viele Kanäle zu bespielen. Dabei sollten sie sich nicht nur fragen, was sie machten und wie. Im Mittelpunkt ihres Denkens müsse immer die Frage stehen, warum mache ich etwas. Diese sei essentiell, um die Kunden zu erreichen.
aus BTH Heimtex 05/17 (Handel)