Parkettlegermeister Andreas Ludwig aus Mittenwald

Die Leidenschaft zum Beruf gemacht


Andreas Ludwig aus Mittenwald ist gelernter Kaufmann und seit Juli 2016 Parkettlegermeister. Ohne Gesellenbrief im Handwerk? Ein Novum für die Handwerkskammer München und Oberbayern.

Andreas Ludwig hatte die Statuten für die Meisterqualifizierung genau durchforstet. Darin wird eine abgeschlossene Ausbildung gefordert. Welche, ist aber nicht näher bezeichnet. Diese Lücke nutzte der Kaufmann und kämpfte für seine Teilnahme am Meisterkurs in Bamberg. Zu diesem Zeitpunkt war der 37-Jährige bereits seit zehn Jahren mit seinem Unternehmen "Objekt und Wohnen" in der Branche selbstständig. Seit fünf Jahren unterhält er zudem eine erstklassige Ausstellung in Garmisch-Partenkirchen, mit der er das Thema Boden inklusive Fliesen, Treppen- und Wandgestaltung bespielt. Präzise Handwerksleistung sowie kreative Sonderkonstruktionen mit einem über viele Kanäle angeeigneten Fachwissen qualifizieren Ludwig bei seinen Stammkunden schon lange als kompetenten Partner. Mit einer hervorragend ausgestatteten Schreinerwerkstatt und Fachpersonal liefert er zum Boden auch passende Türen, Treppen, Wandverkleidungen und sogar Mobiliar wie Bänke, Tische und Betten.

Was bringt der Meistertitel jetzt noch? "Als Kaufmann hätte ich im Handwerk nicht ausbilden dürfen, da gibt es genaue Vorgaben", bemerkt Ludwig. Der Meistertitel war ihm ein persönliches Anliegen: "Der Meister gehört zum traditionellen Handwerk, ebenso wie die Mitgliedschaft in einer Innung." Und er wollte auch sein Können offiziell dokumentieren und ein sichtbares Zeichen setzen bei Kunden, die ihn bei der Beratung mit der Preisgestaltung von Garagenfirmen konfrontieren.

Meisterkurs in Bamberg

Vor der Zulassung zum Meisterkurs musste Ludwig erst Lehrgangsleiter Heinz Brehm von seinem Können überzeugen. Der frühere Bundeslehrlingswart und langjährige Innungsobermeister von Oberfranken ist als "Hardliner" in puncto Ausbildung bekannt. Er wollte im Meisterkurs keine Frage aus dem Grundwissen beantworten müssen. Das konnte ihm der Bayer versprechen. Ludwig bewundert Brehm für seine Fähigkeiten und seine Erfahrung: "Allein die Art, wie er mit dem Bleistift den Schnitt anriss; nur ein paar Schnitte an der Kreissäge und die vier Stücke fügten sich als Stern ohne Fuge aneinander."

In den Pausen profitierte er von Brehms unermesslichem Erfahrungsschatz und verschaffte sich praktisches Wissen weit über den Meisterkurs hinaus. Speziell historische Böden und alte Handwerkstechniken interessierten den Schüler. Auch liebt er es, mit der Oberflächenbearbeitung zu experimentieren. Sein Ziel sind individuelle Böden abseits des Standards.

Verbesserungspotential ist vorhanden

In Ludwigs Augen kommt der Bereich Massivparkett im Kurs zu kurz, da zu viel Zeit für die Verarbeitung von elastischen Belägen und Fertigparkett verwendet würde. Das ist zwar gängige Praxis, doch den Bereich decken Gesellen und Bodenleger auch ab, argumentiert Ludwig. Gerade der Meisterkurs sollte seiner Ansicht nach den Unterschied herstellen und primär die klassische Handwerkstechnik zum Ziel haben. Daher sieht Ludwig auch die gleiche Gewichtung von Parkett- und Linoplatte als unverhältnismäßig im Prüfungsergebnis an. Ebenso wünschte er sich, dass der Schwierigkeitsgrad des Designs bei einer Meisterplatte mehr berücksichtigt wird.

Das Versace-Motiv auf der Meisterplatte von Andreas Ludwig ist eine Besonderheit. Die Parkettstäbe aus Nussbaum und Eiche hat er aus Vollholz selbst gefertigt. Der kunstvolle Medusa-Kopf im Zentrum entstand in aufwendiger Handarbeit mit der Dekupiersäge. Diese Technik verwenden Parkettrestauratoren zum Erstellen von Intarsien. Zum klassischen Stil passt das umlaufende Musterband im Fries. Diese Form wird in der Fachsprache "Springender Hund" genannt, hat er bei der Prüfung von Brehm erfahren. Zwei Tage arbeitete der ambitionierte Bayer an seinem Meisterstück und ist zu Recht stolz auf sein Ergebnis. Nicht nur das Design ist außergewöhnlich, auch die handwerkliche Umsetzung überzeugt. Die Meisterplatte im XL-Format 150 x 150 cm steht nun in der Ausstellung in Garmisch-Partenkirchen - als Pendant zur Versace-Fliesenkollektion.

Von der Modebranche zum Handwerk

Durch das elterliche Bekleidungsgeschäft war der Berufsweg von Andreas Ludwig zunächst vorgezeichnet. Er wurde Kaufmann, obwohl er es vorzog, Häuser zu renovieren und darin auch Geschick bewies. Zunächst unterstützte er hobbymäßig Freunde, schnell sprachen sich seine kompetente, exakte Arbeit und sein Einfallsreichtum bei Sonderlösungen herum. Als sich die Marktsituation für die Modebranche verschlechterte, wagt er den Sprung in die Selbstständigkeit und machte 2001 seine Leidenschaft zum Beruf. Beim Wies’n-Besuch in München kam er an Aufträge für eine Hausverwaltung. Damit war nicht nur der Einstieg gesichert, sondern es gelang ein rascher Aufschwung. 2007 beschäftigte er eine Truppe von 14 Mann im Betrieb. Der Eigentümer dieser Mietwohnungen, für den Ludwig dann sehr hochwertig auch die Privatwohnung renovierte, ist heute noch Stammkunde und ein Freund der Familie.

Dann kam 2010. Ein Schicksalsjahr. Durch einen Autounfall erlitt Ludwig ein halbseitiges Taubheitsgefühl mit ungewisser Rekonvaleszenz. Er reduzierte sein Unternehmen deshalb auf einen Mitarbeiter. Ein Jahr lang fiel er aus und nutzte diese Auszeit für kognitive Leistungen. Er arbeitete sich intensiv in die Materie Parkett ein - von der Unterkonstruktion über das Holz bis zur Oberflächenbehandlung. Mit Rückkehr seines Körpergefühls rekrutierte Ludwig wieder Mitarbeiter und bot ein erweitertes Leistungsspektrum an. Seine persönlichen Stammkunden waren sofort wieder da. "Als hätten sie auf mich gewartet", beschreibt er das Glücksgefühl beim Neubeginn.

Kunden schätzen Vielseitigkeit und Kreativität

Wie Räder greifen Betrieb, Ausstellung und Werkstatt bei "Objekt und Wohnen" ineinander. Dabei generiert Andreas Ludwig zu 80 % seinen Umsatz zu gleichen Teilen mit der Verlegung von Parkett und Designbelägen. "Vom Kerngeschäft allein könnten wir nicht leben", bedauert der überzeugte Parkettleger. Die Margen bei Parkett sind zu gering. Bei Designbelägen akzeptiere der Kunde widerspruchlos einen Preis von 50 EUR pro m2. Bei Holzböden werde dagegen sogar in der günstigen Preisklasse noch diskutiert, stellt Ludwig immer wieder verblüfft fest. Die seit langem bekannte Handwerksqualität und das umfangreiche Angebot, ansprechend präsentiert in der 200 m2 großen Ausstellung, machen "Objekt und Wohnen" für Kunden attraktiv.

Der Betrieb ist gut aufgestellt; über die Bodenbeläge inklusive Fliesen und Naturstein hinaus bietet Ludwig weitere Leistungen an, von der Feuchtesanierung und Trockenbau über Treppen bis zu Türblättern und Einbauten mit Parkettriemen. Im Bedarfsfall wird auch Mobiliar aus Parketthölzern hergestellt und sogar mit Polster bezogen oder innenliegender Sonnenschutz angebracht. Als neues Produkt spachtelt und gießt Ludwig fugenlose Spezialböden für Gewerbe und Privat. Für neue Techniken ist er immer offen und probiert einiges aus. So gelingen ihm im Sanierungsbereich auch Sonderkonstruktionen mit niedriger Einbauhöhe - und Fußbodenheizung auf 2,5 cm Estrichhöhe. Designorientierte Bauherrn und Architekten schätzen diese Vielseitigkeit und Kreativität. Ludwig ist wichtig, dass er mit hoher Qualität auch eine lange Wertigkeit der Böden garantieren kann. Dazu gehören auch ein Reinigungs- und Wartungsservice.

Seine Kunden, meist gutsituierte Privatleute oder Bauträger aus der Region um Garmisch-Partenkirchen sowie Architekten, vertrauen ihm. Zumal jeder Auftrag vorher individuell kalkuliert ist und Nachträge praktisch nicht vorkommen. Wie Ludwig in den Beratungsgesprächen oft heraushört, ist den Kunden auch der persönliche Kontakt mit dem Chef wichtig. Mit diesem Vertrauensbonus ist sein Betrieb oft in gehobenen Projekten im Einsatz, halb im Privatbereich, halb auf der renommierten Objektschiene bei Hotels und öffentlichen Gebäuden.

Auch individuelles Parkett regionaler Herkunft

In seiner Werkstatt produziert Ludwig auch Parkett mit regionaler Herkunft. "Der Kunde gewinnt dabei eine sehr emotionale Beziehung zu seinem Boden." So entstehen individuell handgefertigte Oberflächen. Am liebsten verarbeitet er Tanne aus der Jachenau. Beispielsweise für das Geigenbaumuseum in Mittenwald lässt er die mächtigen Bäume in einer Sägerei schneiden und fertigt daraus 500 cm lange und 50 cm breite XXL-Dielen. Abschnitte aus der Verlegung werden zu Treppenstufen oder einer Wandvertäfelung verarbeitet. Tische, Bänke oder Betten im gleichen Holz sind ebenfalls möglich. Mit der gut ausgestatteten Schreiner-Werkstatt und seinem Maschinenpark, in dem auch hochwertige Schleifmaschinen für Estrich und feine Holzoberflächen stehen, hebt er sich von manchem Kollegen ab.

Zugleich macht die Ausstattung manche Aufträge erst möglich; soll zum Beispiel historische Substanz ergänzt werden, stellt Ludwig fehlende Parkettstäbe selbst her und passt sie farblich dem Bestand an. Weitere Spezialitäten des Hauses sind Intarsien, Friese mit eingelegten Adern und filigrane Fugen statt mächtiger Übergangsprofile.

Keine Kompromisse bei der Qualität

Das Team umfasst neben Ludwig einen Schreiner, einen Fliesenleger, zwei Raumausstatter und einen auszubildenden Parkettleger im zweiten Lehrjahr. Mit dieser Mannschaft erzielt er so viel Umsatz wie früher mit vierzehn Beschäftigten. Die freundschaftliche Atmosphäre in der jungen Riege motiviert, ebenso gemeinsame Fortbildungen.

Mit dem Meisterbrief ist Ludwig sofort in die Ausbildung eingestiegen. "So lernt ein Mitarbeiter von Anfang an, dass der Stand der Technik das Maß ist", erklärt der Meister. Er akzeptiert kein "Das passt schon so". Sein Markenzeichen ist hochwertige Qualität und darauf will er sich auch bei seinem Team verlassen. Dafür erhalten sie auch eine höhere Vergütung, denn für Qualität bezahlt der Kunde auch mehr.

Alle sind per Whatsapp vernetzt. Taucht ein Problem auf, wird der Problemfall sofort fotografiert und in der Gruppe ausgetauscht. So können im Zweifel rechtzeitig Bedenken angemeldet werden. Ludwig sichert sich heute mehr ab, lässt sich alles unterschreiben - selbst die Übergabe von Pflegeanleitungen oder die Hinweise bei Sonderkonstruktionen. "Ich hab schon Lehrgeld bezahlt".

Kapazitätsgrenzen erreicht

Die Ausstellung in Garmisch-Partenkirchen an der Hauptstraße ist die Domäne von Karin Ludwig. Die gelernte Industriekauffrau unterstützt ihren Mann im Verkauf und hat mit ihm zusammen Teil 3 des Meisterkurses besucht. Sie will darüber einen Mitarbeiter im kaufmännischen Bereich anlernen. Denn sobald Tochter Anna-Theresa in der Schule ist, braucht sie Unterstützung im Büro, um sich unter anderem der neuen Homepage zu widmen.

Auch Karin Ludwig ist vom Parkett-Virus ihres Mannes infiziert und verkauft am liebsten Holz. In 50 Schubladen liegen Parkettmuster im Format 190 x 75 cm. Seit einem Jahr hat sich Ludwig auf Bauwerk-Parkett fokussiert und im Mietwohnungsbereich auf das Schwesterunternehmen Boen. "Da passen Produktqualität und Service. Und im Internet sind nur Listenpreise zu finden". Boen und weiteres Parkett, auch massiv, bezieht Ludwig über das Parketthaus Scheffold.

"Kunden, die Angst vor Kratzern haben und die regelmäßige Pflege scheuen, sind für einen Holzboden nicht geeignet", weiß Karin Ludwig. Ihnen zeigt sie die Auswahl an Designbelägen oder auch die Fliesenkollektion. Speziell großformatige Fliesen sind gefragt. "60 x120 cm ist bei uns schon Standard". Auch Teppichboden kommt er in der Ausstellung prominent zur Geltung: Gleich neben der Eingangstür hängt ein Patchwork-Teppich mit verschiedenen Mustern im Farbverlauf.

Die zwei Standorte Mittenwald und Garmisch-Partenkirchen sind an ihrer Wachstumsgrenze angekommen - aber nicht das Unternehmen "Objekt und Wohnen". Andreas Ludwig hat noch viel vor. Ein Neubau im Gewerbegebiet im benachbarten Krün soll künftig Wohnung, Werkstatt mit Lager und Ausstellung in größerem Umfang beherbergen. Durch zwei Lebensmittel-Discounter in der Nachbarschaft und weiteren Frequenzbringer ist die Lage gut. Außerdem will Ludwig auch noch Fliesenlegermeister werden...
Silvia Mändle
aus Parkett Magazin 04/17 (Handwerk)