Initiative Textile Räume:

Ende oder Neustart?


Vorstand und Geschäftsführung der Initiative Textile Räume bekennen im Gespräch mit BTH Heimtex Farbe. Ihr Fazit: Die Branche zieht nicht an einem Strang. Die ITR steht am Scheideweg. So wie bisher, wird es nicht weitergehen.

Trotz ihrer sehr positiven Bilanz für die PR-Arbeit mussten Joachim Stock (1. Vorsitzender, Rasch Textil), Dominik Rölli (Création Baumann), Thomas Schmölz (Kobe) und Geschäftsführer Karsten Brandt beim Termin in der Redaktion von BTH Heimtex eingestehen, dass die 2015 ins Leben gerufene Initiative Textile Räume keine ausreichenden Erfolge bei der Mitgliederwerbung vorzuweisen hat. Auf der Mitgliederversammlung im September sollen daher verschiedene Optionen vorgestellt werden. Von der Verkleinerung der Kampagne bis hin zu ihrer Auflösung stehen alle Möglichkeiten zur Diskussion.

Joachim Stock betonte: "Wir freuen uns über eine breite Endverbraucherabdeckung, so wie wir uns das gewünscht haben." Von Januar bis Juni 2017 gab es mehr als 260 Veröffentlichungen in Printmedien über GibDirStoff und textiles Einrichten. Dies entspricht einer Reichweite von 13,2 Mio. Lesern in der relevanten Zielgruppe. Online sind 164 Veröffentlichungen mit insgesamt 332 Mio. Unique Visits erschienen. In den sozialen Netzwerken kann GibDirStoff mittlerweile mit einer monatlichen Reichweite von 200.000 Nutzern auf Facebook und 35.000 auf Instagram punkten. Hinzu kommt die TV-Berichterstattung mit 320.000 Zuschauern anlässlich der GibDirStoff-Demonstration während der Kölner Möbelmesse.

"Die Pressearbeit für GibDirStoff ist inzwischen ein riesiger Erfolg", unterstrich auch Geschäftsführer Karsten Brandt Der Brancheninitiative werde eine größere Glaubwürdigkeit und Neutralität zugesprochen als einzelnen Firmen, die für ihre Produkte und Marken werben.

Ziel der ITR war es von Anfang an, den Großteil der Branche hinter sich zu vereinen und damit ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung zu haben, um einen spürbaren Effekt zu bewirken. Joachim Stock: "Unsere Initiative war langfristig angelegt in Richtung Endverbraucher. So sollten auf lange Sicht alle aus der Branche davon profitieren. Doch scheinbar fehlt der Gemeinschaftssinn, um unsere sehr heterogene Branche nach vorn zu bringen. Das enttäuscht uns sehr." Es seien zwar mit mehr als 50 Firmen viele der wichtigsten Textilanbieter sowie relevante Verbände, Organisationen, Messen etc. dabei, aber es fehlen etliche Hersteller und Verleger.

"Wir glauben fest: Wenn alle an einem Strang ziehen, geht es der Branche besser. Aber wenn wir die Branche nicht hinter uns bekommen, sind uns die Hände gebunden", so Joachim Stock, der ratlos feststellte: "Es geht der Branche nicht gut. Unserer Meinung nach wäre die Zeit reif gewesen für eine gemeinsame Anstrengung. Doch vielleicht war der Leidensdruck noch nicht groß genug, um alle Animositäten über Bord zu werfen." Bei einigen Firmen seien es interne Gründe, sich nicht an der ITR zu beteiligen. Andere argumentieren, dass sie sich bereits an anderer Stelle, etwa auf Fachmessen, für die Branche engagieren.

Besonders enttäuscht hat Stock, dass die Raumausstatter so wenig aus der Reserve gelockt werden konnten. Thomas Schmölz ergänzte: "Der Raumausstatter hat den Mehrwert der ITR nicht erkannt. Es war für die meisten nicht greifbar, was sie als messbaren Nutzen für den Mitgliedsbeitrag erhalten. Unsere PR-Erfolge waren für viele zu unkonkret."

Inzwischen fragen sich aktive Mitglieder der ITR, warum sie weiter für eine Gemeinschaftswerbung zahlen sollen, wenn so viele Mitbewerber nicht dabei sind. "Möglicherweise gibt es auch einige Firmen, die mit falschen Erwartungen beigetreten sind und nach einem Jahr eine spürbare Absatzsteigerung erwartet haben", vermutet Dominik Rölli. "Doch wir haben von Anfang an gesagt, dass unsere Arbeit nicht messbar sein wird. Wir können dokumentieren, wie wir in Medien stattfinden, jedoch ist das nicht im Umsatz darstellbar." Dass eine Imagekampagne keine Absatzkampagne ist und man einen langen Atem braucht, um eine Veränderung auch im Kaufverhalten zu bewirken, habe man offensichtlich nicht allen Mitgliedern gegenüber vermitteln können.

Drei Optionen für die Zukunft

Über die Zukunft der ITR sollen die Mitglieder im September entscheiden. Drei Optionen stehen dann zur Auswahl:

1. Mini-ITR: Damit die bisherigen Investitionen nicht vergeblich waren und um für die Zukunft die Türen offen zu halten, könnte die ITR die Kommunikation mit dem Endverbraucher auf sehr kleiner Flamme mit Webseite und auf Facebook fortsetzen. "Für Verbraucher sind das weiterhin wertvolle Informationsquellen, die beispielsweise einmal im Monat ein Update bekommen könnten", ist Karsten Brandt überzeugt. Daneben würde die ITR versuchen, eine Branchenstatistik aufzubauen. "Derzeit gibt keine belastbaren Zahlen für Deko- und Bezugsstoffe (ohne Haustextilien)", erklärte Joachim Stock. Hierfür würde weiterhin mit einem Treuhänder gearbeitet werden und mit einer sehr niedrigen Beitrag könnten möglichst viele Firmen, auch die bisherigen ITR-"Außenseiter", einbezogen werden. Das ITR-Büro habe die erforderliche Erfahrung und könne beide Aufgaben kostengünstig erledigen. "Das wäre der kleinste gemeinsame Nenner", fasste Brandt zusammen. Eine Umsatzstatistik könne für jeden Branchenteilnehmer interessant sein.

2. Kern-ITR: Die Bündelung einer kleineren Anzahl von Firmen, die weiterhin von der PR-Arbeit profitieren wollen, sowie den assoziierten Mitgliedern. "Das wäre der Weg weg von der generischen PR für Wohnstoffe allgemein hin zu fokussierter Marken- und Produkt-PR für die verbleibenden Mitglieder", erklärte Joachim Stock. Die Unternehmen selbst würden vermehrt namentlich mit in die PR- und Social-Media-Arbeit eingebracht. So könnten sie von der aufgebauten Stoff-Kommunikation profitieren und dazu noch gute Eigen-PR erhalten.

3. Auflösung zum Jahresende: Der Vorstand sprach sich deutlich für eine Fortsetzung der ITR - in welcher Form auch immer - aus, wenn sich genügend Mitglieder fänden, die mit einer überarbeiteten Strategie weitermachen wollen. "Es wäre mehr als bedauerlich, an die Erfolge der Pressearbeit nicht anzuknüpfen und das Verbraucher-Onlinemagazin einfach offline zu schalten", so Karsten Brandt. Joachim Strock bedauerte, dass Kritiker der Initiative nicht mit konkreten Verbesserungsvorschlägen an den Vorstand herangetreten seien. "Niemand hat gesagt, was er wie verbessert sehen möchte." Wenn sich ein anderes Team fände, dass die Vorstandsarbeit übernehmen möchte: "Nur zu! Keiner von uns klebt hier an irgendwelchen Stühlen", betonte Stock. "Es können gern andere Leute in die Bütt treten."

antje.lueckingsmeier@snfachpresse.de


ITR und GibDirStoff

Die Initiative Textile Räume e.V. (ITR) wurde 2015 gegründet und ist ein Zusammenschluss von Unternehmen der Heimtextilbranche. Mit der Gründung wurde die verbraucherorientierte Kommunikationskampagne GibDirStoff ins Leben gerufen, die sich unter anderem in dem Onlinemagazin für Wohnkultur www.gib-dir-stoff.com präsentiert. Mit Expertise und einem unterhaltsamen Mix aus Trends, Homestories und Einrichtungstipps für den modernen Lifestyle sollen Heimtextilien wieder stärker in den Fokus rücken. Mitglieder der Initiative sind Editeure, Stoffverlage, Großhändler und Webereien mit eigenem Vertrieb in Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie assoziierte Mitglieder, zu denen Garnhersteller, Veredler, Webereien und Zulieferer gehören. Weiterhin unterstützt wird die ITR von Fördermitgliedern, zu denen Institutionen, Messen und Verbände zählen sowie Raumausstatter und Fachgeschäfte.
aus BTH Heimtex 09/17 (Wirtschaft)