Matratzenmarkt: Eve bei Karstadt, Emma bei Concord, Casper im KaDeWe


Hamburg. Der Matratzenmarkt bleibt in Bewegung: Während Online-Anbieter immer stärker werden und der Matratzenverband über Absatzeinbrüche klagt, gehen unterschiedliche Vertriebsformen neue Kooperationen ein. Nicht gerade zur Freude des stationären Bettenfachhandels.

Drastische Einbrüche bei Umsatz und Absatz" prägen aus Sicht des Fachverbandes Matratzenindustrie sowohl das zweite Quartal als auch das gesamte erste Halbjahr 2017: "Insbesondere für das zweite Quartal schlägt diese negative Entwicklung sowohl im Vergleich zum Vorquartal als auch zum Vorjahreszeitraum deutlich zu Buche", schreibt der Verband in seiner vierteljährlichen Auswertung, die traditionell keine konkreten Zahlen nennt.

Vor allem bei den Technologien Schaum und Bonnell sei ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen, so der Verband: "Möglicherweise wirkt sich hier aus, dass viele im Internet vertriebene und nicht von unseren Verbandsmitgliedern produzierte Matratzen aus PU-Schaum gefertigt sind, während die Technologie Bonnell insgesamt immer weniger gefragt ist." Aber auch Taschenfederkene schwächelten im Vergleich zur sonstigen Performance, während Latex im Umsatz recht stabil bleibe.

Während die Verbandsmitglieder aus der Industrie rückläufige Zahlen beklagen, laufen sich Onlinehändler wie das US-Unternehmen Casper gerade erst so richtig warm auf dem deutschen Markt. Das Start-up hat in einer aktuellen Finanzierungsrunde zuletzt weitere 170 Millionen US-Dollar eingesammelt, auch ein Börsengang scheint nicht mehr ausgeschlossen.

Casper eröffnet drei Pop-up-Stores

Und auch sonst greifen die Matratzen-Neulinge an: Etwa mit Pop-Up-Stores in den Häusern der KaDeWe Group. Nach dem Start in Berlin folgten auch Oberpollingerin München und dasAlsterhausin Hamburg mit Casper-Flächen, die bis Ende Januar 2018 bespielt werden sollen. Dort können Kunden dann an bestimmten Tagen im Bett frühstücken oder eine Fußmassage erhalten. Auch eine Oma, die Kindern Geschichten vorliest, während die Eltern die Matratzen testen, gehört zum Programm.

In Deutschland hat sich außerdem SevenVentures eine Minderheitenbeteiligung bei den Amerikanern gesichert. Der Finanzinvestor von ProSiebenSat.1 tauscht die Beteiligung an Casper gegen Werbezeiten auf den Kanälen seiner TV-Sender, über die Summe wurde Stillschweigen vereinbart. Das Ergebnis dieses Media-for-Equity-Deals kann der Endverbraucher im heimischen Wohnzimmer betrachten - um noch vom Sofa aus die Online-Bestellung zu erledigen. "Wir wollen Casper bei ihrer Marketingstrategie unterstützen und diesem Ivestment steht das ganze Netzwerk der ProSiebenSat.1-Gruppe zur Verfügung", sagt Seven-Ventures-CEO Florian Pauthner.

Aus Sicht von Pauthner ist der Matratzenmarkt die Sache wert: "Bislang war es ein sehr fragmentierter Offine-Markt, der jetzt durch neue Player konsolidiert wird", so der CEO. "Im Speziellen haben wir ein Augenmerk auf so genannte Direct-to-Consumer-Unternehmen, da sie die gesamte Wertschöpfungskette effizienter abbilden und somit ein margenstarkes Produkt hervorbringen."

Eve bald in allen
79 Karstadt-Häusern

Auch der britische Wettbewerber Eve macht aktuell von sich reden: Seit Mai ist das Unternehmen an der Londoner Börse notiert. Und ab 1. November gibt es Eve auch in allen 79 Karstadt-Filialen. Teil der Handelskooperation ist, dass in jeder Karstadt-Filiale eine Verkaufsfläche für Eve-Matratzen und -Kissen etabliert wird. Kunden können Produkte in den Karstadt-Filialen exklusiv probeliegen und testen, wie die Unternehmen ankündigen. Gekauft werden kann dann sowohl bei Karstadt als auch online. Der ehemals reine Online-Anbieter wird dann in Deutschland und England in insgesamt 143 Geschäften stationär präsent sein.

"Mit Eve Sleep gewinnen wir im Rahmen unserer Marktplatz-Strategie einen fantastischen Partner hinzu, der bisher in Deutschland nur online vertreten ist", erklärt Jörg Peter Schmiddem, Einkaufschef von Karstadt. Die Matratzen runden aus seiner Sicht das Sortiment hervorragend ab: "Kunden können erstmalig jetzt im stationären Handel in Deutschland die Eve-Matratzen direkt kennenlernen, ausprobieren, kaufen und gegebenenfalls auch umtauschen. Hier kommen alle Stärken des Warenhauses voll zur Geltung."

Auch Umgekehrt werden die Synergien geschätzt: Die Vereinbarung mit Karstadt ist Teil der Multichannel-Marketingstrategie von Eve, um die Markenbekanntheit zu steigern: "Die Vereinbarung unterstreicht das Commitment, unseren Marktanteil in Kernmärkten weiter auszubauen", erklärt Jas Bagniewski, CEO von Eve Sleep. "Deutschland ist der größte Matratzenmarkt in Europa. Die Größe und deutschlandweite Präsenz von Karstadt wird unsere Präsenz substantiell erhöhen, neue Zielgruppen erschließen und zusätzliche einfache Absatzwege erschließen."

Emma liegt bei
Matratzen Concord

Noch etwas schneller als Eve war die deutsche Konkurrenz von Emma. Schon seit Mitte September wird die gleichnamige One-fits-all-Matratze auch in den Filialen sowie dem Online-Shop von Matratzen Concord angeboten. In über 1.000 Filialen des Rotstift-Anbieters kann Emma nun Probe gelegen und sofort mitgenommen werden. Für Max Laarmann, Gründer und Geschäftsführer von Emma Matratzen, ein "logischer Schritt", wie er betont: "Wir sind online bereits in zehn Ländern verfügbar und erweitern diese Präsenz jetzt in fünf Ländern auch um den stationären Handel."

Aus Sicht von Matratzen Concord ist die Kooperation ebenfalls naheliegend: "80 Prozent aller potentiellen Matratzen-Kunden recherchieren heute online. Das Produkterlebnis beim Matratzen-Fachhändler vor Ort und eine bedarfsgerechte Beratung sind jedoch entscheidend beim Matratzenkauf", betont Marcus Diekmann, Director Digital, E-Commerce und Omnichannel bei Matratzen Concord. "Gerade hier ist das Zusammenspiel von Online- und Offline-Kompetenz zukunftsweisend. Mit dieser Kooperation geben wir, neben unseren eigenen Online-Aktivitäten, dem Markt neue Vertriebsimpulse und sind noch näher am Kunden." Neben einem eigens für Concord entwickelten Gestaltungskonzept der Markenwelt von Emma ist auch ein gemeinsamer TV-Spot in Planung.
Ein strategisches Ziel von Matratzen Concord ist es, den Online-Anteil am Umsatz signifikant zu steigern, wie Diekmann dem Branchendienst Internet World sagte. Mehr als 100 konkrete Maßnahmen seien hierzu geplant. "Und weil man weiß, dass 80 Prozent aller Kunden online recherchiert haben, bevor sie eine Matratze kaufen, werden diese Maßnahmen auch den stationären Filialen zugutekommen." Deren Zukunft sieht Diekmann ganz klar: Er will als Fachdiscounter mit bestem Preis-Leistungs-Verhältnis wahrgenommen werden: "Wir müssen in den Filialen und im Web zeigen, dass wir Qualität können, aber zu einem fairen Preis."

Ein weiterer Schritt auf diesem Weg ist in Düsseldorf zu sehen: Auf einer Fläche von über 850 Quadratmetern an der Berliner Allee hat Matratzen Concord im Stadtzentrum der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt ein Boxspring-Haus eröffnet. Vom Einsteiger-Modell bis zum Premium-Bett sollen Kunden nach Unternehmensangaben dort kaufen können. Rein optisch setzt das Geschäft auf Wertigkeit, weg vom Discounter-Image. Auch das ist Strategie. Diekmann: "Wir werden schön, aber nicht in Schönheit sterben."
aus Haustex 09/17 (Matratzen, Betten, Wasserbetten)