BASF SE

So lässt BASF die Branche im Regen stehen


Anfang Oktober fegte ein wahrer Herbststurm über die Matratzenindustrie hinweg: Vier Wochen lang wurde beim Ludwigshafener Chemieriesen BASF das für die Schaumproduktion wichtige Vorprodukt Toluoldiisocyanat (TDI) mit einem viel zu hohen Anteil an Dichlorbenzol produziert. Dieser gesundheitsschädliche Stoff kann Augen, Haut und Atemwege reizen und steht im Verdacht, krebserregend zu sein. Auf so etwas will kein Mensch schlafen. Die Verbraucher sind durch Medienberichte verunsichert, in denen von "giftigen Matratzen" die Rede ist. Zahlreiche Firmen mussten zeitweilig ihre Produktion stoppen und Matratzen zurückrufen. Ein immenser Schaden, auch wenn mittlerweile Entwarnung gegeben wurde. Das Misstrauen der Endkunden bleibt, das wird der Handel
spüren. Dort ist der Matratzenumsatz ohnehin rückläufig. Jetzt herrscht zusätzlicher Erklärungsbedarf.

Und der Verursacher? Tat erst einmal so, als ginge ihn das nicht wirklich etwas an. Es war nicht BASF, sondern einem Kunden aufgefallen, dass 7.500 Tonnen des schadhaften Produktes das Werk verlassen hatten - peinlich für ein Unternehmen mit Weltruf. Zudem dauerte es Tage, bis der Konzern damit an die Öffentlichkeit ging. Krisenkommunikation gehört definitiv nicht zu den Stärken in Ludwigshafen. Die betroffenen Matratzenhersteller fühlten sich im Stich gelassen: "Unsere Mitglieder sind verzweifelt und enttäuscht, weil sie wenig Informationen haben, wie sich Dichlorbenzol in Matratzenschäumen auswirkt", klagte zwischenzeitlich Dr. Ulrich Leifeld, Geschäftsführer des Matratzenverbandes.

Während die BASF-Verantwortlichen bei Bekanntwerden des Vorfalls an einem Freitag schon im Feierabend waren, arbeiteten Leifeld und sein Team das Wochenende durch, um ihre Mitgliedsbetriebe zu informieren und selbst an Informationen zu gelangen. Der Chemiekonzern weigerte sich nach Leifelds Angaben sogar zunächst, auf eine E-Mail zu antworten - man wartete lieber auf die Briefpost, bevor Tage später und nur zögernd drängende Fragen beantwortet wurden. "Das empfinde ich angesichts der Dimension des Skandals als eine ziemliche Unverschämtheit", ärgerte sich der Verbands-Geschäftsführer. Recht hat er. Diese Ignoranz gegenüber den Sorgen mittelständischer Unternehmen ist verantwortungslos.

Hinzu kommt, dass genau jene Betriebe schon seit geraumer Zeit die Probleme von BASF mit seiner Milliarden-Investion ausbaden: Die neue TDI-Anlage läuft seit ihrer Inbetriebnahme vor zwei Jahren nicht fehlerfrei und stand zeitweilig sogar still. Das erhöhte bereits die Kosten, die irgendwann an den Verbraucher weitergegeben werden müssen. Binnen kürzester Zeit ist der Preis von TDI um 80 Prozent gestiegen. Der aktuelle Vorfall dürfte die Situation weiter verschärfen. Da kann ein Hersteller schon mal schäumen. Allerdings vor Wut.
aus Haustex 10/17 (Wirtschaft)