Point of Sale: Potentielle Kunden dort abholen, wo sie gerade sind


Wie die Verknüpfung von digitaler und stationärer Verkaufsunterstützung heute in unserer Branche aussehen kann, beschreibt Ann-Kathrin Schmidt, Leiterin E-Business und Marketing beim FHR.

Früher genügte zumeist ein gut gelegenes Ladengeschäft mit einem attraktiven Schaufenster, um genügend Kunden anzulocken. Heutzutage ist die Situation eine andere. Wie also erreicht man auch solche Kunden, die nicht zufällig am Geschäft vorbeilaufen?

Pfiffige Unternehmer haben schon immer zusätzliche Vertriebskanäle für ihre Produkte aufgetan. Etwa durch Zeitungsinserate, das bloße Aufstellen eines Kundenstoppers in der Fußgängerzone oder durch Kundenmailings konnte man seinen Kundenkreis erweitern. Diese Ansprachen erfolgten allerdings eher nicht gesteuert und unabhängig voneinander.

Kunden wechseln Kanäle

Heute müssen Kunden genau da abgeholt werden, wo sie sich gerade aufhalten - und das ist gar nicht so einfach. Das Internet hat die Informationsbeschaffung stark vereinfacht. Mit mobilen End-geräten greifen Verbraucher auch unterwegs auf Daten zu. Außerdem wechseln Kunden zwischen den unterschiedlichen Medien hin und her. Wer morgens die Tageszeitung liest, surft vielleicht parallel im Internet, um aktuellere oder nähere Informationen zu erhalten.

Der springende Punkt ist die Vernetzung dieser Kanäle und zwar sowohl online als auch offline. Print ist dabei längst noch nicht tot, sondern in seinen vielen Formen eine exzellente Unterstützung des Onlineauftritts eines Unternehmens; sei es zur Imagepflege oder zum Bewerben eigener Produkte.

Handel muss kanalübergreifend präsent sein

Die Grundvoraussetzung ist ein gut durchdachtes, kanalübergreifendes Verkaufskonzept (Omnichannelling) mit System. Dazu gehört heutzutage in unserer Branche die eigene Unternehmenswebseite mit virtuellem Raumplaner und eventuell eingebundenem Onlineshop.

Außerdem sollten Einträge der Firmendaten bei Google My Business und gegebenenfalls auf digitalen Marktplätzen inzwischen eine Selbstverständlichkeit sein. Durch ausgeklügelte Social Media-Aktivitäten kann ein Unternehmen seinen Bekanntheitsgrad weiter steigern. So erzielen beispielsweise Referenzbilder von ausgeführten Projekten auf Facebook viel Aufmerksamkeit. Die hoffentlich anfallenden Likes stellen eine Form des Empfehlungs-marketings dar und können langfristig zu neuen Aufträgen führen.

Wiedererkennbares Erscheinungsbild
online und offline

Wichtig ist ein schlüssiges Marketing, das eine durchgängige Corporate Identity (CI) aufweist. So muss durch die konsequente Verwendung von Firmenlogo, Schrift, Unternehmensfarben und Slogans dem Kunden ein Wiedererkennungswert geboten werden. Daneben sollte die virtuelle Außendarstellung konsequent auch in der realen Welt fortgeführt werden.

Ein Beispiel eines möglichen Szenarios für ein effektives Omnichannel--Marketing: Ein Kunde sieht eine Zeitungsanzeige mit einem Bodenbelag, der ihm gefällt. Die Anzeige verweist auf die Webseite oder den Onlineshop des Händlers. Neugierig geworden, schaut sich der Interessent das Bodenbelagssortiment im Onlineshop an. Gefällt ihm ein Produkt, hat er die Möglichkeit, einen Merkzettel auszudrucken und das entsprechende Fachgeschäft in der realen Welt aufzusuchen.

Wenn der Händler das Motiv der Anzeige im Kundenstopper vor dem Schaufenster und im Laden konsequent wiederholt, findet der Interessent noch einfacher in das Geschäft. Beim nächsten Stadt-bummel erkennt er also das Firmenlogo auf dem Plakat im Schaufenster wieder, betritt das Fachgeschäft und lässt sich umfassend beraten. Er probiert dort vielleicht noch die Wirkung anderer Böden und auch dazu passender Tapeten im virtuellen Raumplaner am PoS-Terminal aus.

Es ist wichtig, die On- und Offline-Schiene nicht als getrennte Welten zu sehen, sondern als einander ergänzende Medien der Verkaufsförderung, die die Sache erst rund machen. Vielen interessierten Verbrauchern fehlt es gerade bei der Einrichtung der eigenen vier Wände an Vorstellungsvermögen.

Mit den Mitteln der modernen Technik kann man hier leicht Abhilfe schaffen. Es gibt inzwischen zahlreiche Hilfsmittel, die es erlauben, digitalisierte Produkte der Interiorbranche virtuell darzustellen. So können Böden, Wände oder Fenster mit den ausgesuchten Artikeln ausgestattet werden und der Kunde kann auf eigene Faust am heimischen Computer im virtuellen Raumplaner ausprobieren, wie die Produkte in der Raumsituation aussehen.

Stationärer
Erlebniseinkauf

Eine große Chance für den stationären Handel bietet der so genannte Erlebnis-einkauf; ein Schlagwort, welches in aller Munde ist. Ein solches Konzept ist allein im Internet nur schwer umzusetzen. Für die nötige Kundenbindung bedarf es der persönlichen Ansprache. Um die Verbindung zwischen Internet und stationärem Ladenlokal auch im eigenen Geschäft zu schaffen, kann der Unternehmer auch dort ein Internetterminal aufstellen. Nun findet der Kunde auch hier die Möglichkeit, in die virtuelle Welt einzutauchen. Das schafft einen gewissen Wiedererkennungswert und betont die Gesamtkompetenz des Händlers.

Außerdem können im Ladengeschäft alle Sinne angesprochen werden - Gefühle, Sensorik und Emotionen spielen beim Kauf eines Produkts eine bedeutende Rolle: ein klarer Vorteil des stationären Handels gegenüber den reinen Onlineshops.

Die Vorstellungskraft unterstützen


Zusätzlich im Vorteil sind die Unternehmer, die das Zusammenspiel von On- und Offline-Welt beherrschen. Erst das Anfassen der Ware, das persönliche Gespräch, der Blickkontakt während der Beratung komplettieren das Verkaufsgespräch - und das besonders bei erklärungsbedürftigen Produkten. Nicht umsonst gehen namhafte Internetriesen wie Amazon mit stationären Laden-geschäften, in denen besonders gefragte Produkte angeboten werden, in die reale Welt.

Bleiben wir beim Einzelhändler: Auch er kann mit überschaubaren Mitteln die gesamte Klaviatur beherrschen. Warum ist gerade die Raumgestaltung im digitalen Fokus? Weil die Technik es möglich macht.
Wenn man das obige Szenario weiterführt, kann der Kunde auch im stationären Ladengeschäft in die virtuellen Erlebniswelten eintauchen. Wichtig: unter Anleitung des Verkäufers, nicht alleine!

Eine Idee: Der Verkäufer präsentiert seinem Kunden im Ladengeschäft schon einmal dessen neue Wohnungseinrichtung, indem er ihm eine 3D-Brille aufsetzt und die Virtual Reality-Welt erfahren lässt. Das ist noch emotionaler als die Darstellung im virtuellen Raumplaner. Der Kunde wird visuell und emotional mit den ausgewählten Produkten in Berührung gebracht und kann schon einmal virtuell in seinem neuen Zuhause Platz nehmen.

Außerdem kann er im Laden die echten Produkte oder Muster ansehen, erspüren und ausprobieren. Ein Erlebnis, das er nicht so schnell vergessen wird und so Zuhause am PC nicht hat. Besonders Menschen mit mangelnder Vorstellungskraft sind davon so beeindruckt, dass sie eher zum Kauf bereit sind.

Mittel gegen den Beratungsklau

Die Digitalisierung hält Einzug und fordert auch den stationären Handel zum Umdenken auf. Die Grenzen zwischen online und offline verschwimmen immer mehr. So machen mobile Geräte beim Einkauf in der Fußgängerzone einen gleichzeitigen Preisvergleich oder die Informationsbeschaffung im Internet erst möglich.

Das bedeutet auch, dass der Kunde bereits vor dem Betreten eines Ladengeschäfts informiert ist. Die Aufgabe des Verkäufers ist es also, ihm eine andere, wertvollere Leistung zu bieten, die der Kunde nicht so einfach im Internet bekommt.

Gegen den Beratungsklau gibt es probate Mittel. Zum Beispiel, indem der Händler die Produkte einer Eigenmarke anbietet. Ein Endverbraucher kann so kaum einen allgemeinen Preisvergleich anstellen, weil das einzelne Produkt weitestgehend anonymisiert ist. Die Voraussetzung: kompetentes Verkaufspersonal mit Fachwissen, Einfühlungsvermögen und psychologischem Geschick.

Das erfolgreiche Omnichannel-Marketingkonzept reicht vom Internetauftritt über abgestimmte Werbemaßnahmen bis hin zur Ladengestaltung oder der Schaufensterdekoration. Für die grundlegende, umfassende Planung sollte der Unternehmer auf professionelle Unterstützung zurückgreifen, um Zeit und Geld zu sparen. Schließlich handelt es sich um ein zukunftsweisendes Gesamtkonzept, das mit Leben erfüllt werden will. Das Know-how einer Gruppe oder eines Verbandes ermöglicht dabei einen Erfahrungsvorteil, fachliche Unterstützung und vor allem eine bezahlbare Infrastruktur.
aus BTH Heimtex 11/17 (Handel)