Interview des Monats: Elmer&Zweifel/Cotonea, Bempflingen

"Mit Cotonea erhält der Handel ein Produkt mit Alleinstellungsmerkmalen


Das schwäbische Textilunternehmen Elmer&Zweifel hat sich als Hersteller von Produkten aus nachhaltig angebauter Baumwolle profiliert. Heute sieht man sich unter der Marke Cotonea als weltweit zweitgrößten Anbieter von Bio-Fairtrade Baumwollprodukten. Der geschäftsführende Gesellschafter Roland Stelzer und Vertriebsleiter Johannes Brenner berichten Haustex, worauf es bei der Verarbeitung von Bio-Baumwolle ankommt und welche Vorteile Cotonea-Bettwäsche dem Bettenfachhandel bietet.

Haustex: Das Unternehmen Elmer&Zweifel wurde 1855 gegründet, besteht also seit mehr als 160 Jahren. Die Marke Cotonea ist dagegen noch recht jung. Hat das Unternehmen schon immer Bettwäsche produziert?

Roland Stelzer: Wir sind ursprünglich eine Viskose- und Baumwollspinnerei und -weberei gewesen. Wir verfügen darum über sehr viel Know-how, wie man ein Garn spinnen und weben muss, damit man vernünftige Qualitäten erzielt. Mit unseren Textilien haben wir lange Zeit die verarbeitende Industrie beliefert. Mitte der 90er Jahre haben wir uns entschieden, mehr auf den Endkunden zuzugehen und haben für Dritte fertig konfektionierte Private-Label-Produkte hergestellt. 2003 haben wir dann Johannes Brenner geholt, um unsere eigene Marke Cotonea zu etablieren. Mit Cotonea haben wir uns den Traum einer eigenen Marke erfüllt.

Johannes Brenner: Traditionell war Elmer&Zweifel Gewebe-Lieferant der Industrie. Die Welt steckt darum voller Elmer&Zweifel. So waren wir beispielsweise Lieferant bei Beiersdorf für Gewebe von Hansaplast und Leukoplast, bis es uns preislich keinen Spaß mehr gemacht hat. Wie beliefern auch Hess Natur. Wir haben Bauchtücher mit Röntgenkontrastfäden für Hartmann hergestellt. Über einen Partner beliefern wir die europäische Automobilindustrie. Bassetti war auch ein Partner von uns. Der bundesdeutsche Reisepass bestand viele Jahre aus unserem Stoff. Wir wissen also, wie man ein Gewebe herstellt.

Haustex: Wie ist Elmer&Zweifel heute produktionsseitig aufgestellt?

Stelzer: Wir kümmern uns um den Anbau und die Gewinnung der Bio-Baumwolle. Spinnerei und Veredlung haben wir an Zulieferer outgesourct. Bei uns findet die Weberei und Konfektion statt. Dafür haben wir ein eigenes Werk in Tschechien errichtet.

Haustex: Und was passiert am Stammsitz in Bempflingen?

Stelzer: Hier sind Entwicklung, Qualitätssicherung, Zertifizierung und Auslieferung angesiedelt.

Haustex: Apropos Hess Natur als Kunde: War Elmer&Zweifel schon immer ein nachhaltig orientiertes Unternehmen?

Stelzer: Ja, auf jeden Fall. Schauen Sie sich hier auf dem Gelände um. Schon mein Großvater hat sehr viel Wert auf Nachhaltigkeit gelegt, mein Vater sowieso. Das war für uns schon selbstverständlich, als der Begriff noch gar kein Schlagwort war. Artenvielfalt, Abfallvermeidung und Recycling waren für uns bereits in den 60er Jahren üblich und bekannt. Chemie dagegen war bei uns in der Familie von Anfang an ein schwieriges Thema: müssen wir vermeiden, dürfen wir nicht haben. Also liegt vorsichtiger Umgang mit der Natur praktisch in unserer DNA.

Haustex: Wie kamen Sie zur Marke Cotonea?

Stelzer: Mitte der 90er Jahre haben wir den Textilmarkt betrachtet und überlegt, wie wir uns von anderen Anbietern unterscheiden. Denn auf Dauer funktioniert es nicht, ein austauschbares Produkt anzubieten. Me-too läuft nicht. Wir kamen zu der Überzeugung, dass unser Unternehmen für Ökologie, Fairness und Qualität steht.

Brenner: Ein Produkt ist nur dann nachhaltig, wenn es eine lange Lebensdauer hat. Wenn wir uns Nachhaltigkeit auf die Fahne schreiben, müssen wir auch für eine lange Lebensdauer unserer Artikel sorgen.

Haustex: Schießen Sie sich mit langlebigen Textilprodukten nicht selbst ins Knie? Wenn sie so gut sind, dass sie lange halten, kauft ja auch kaum jemand bei Ihnen nach.

Stelzer: Der Markt ist für uns so groß, dass er uns trotz dieser Einstellung Platz bietet für Wachstum. Wir wollen ja nicht auf Biegen und Brechen ins Unendliche wachsen. Der Umsatz muss nur so viel abwerfen, dass Mitarbeiter und Gesellschafter ein Auskommen haben und regelmäßig ins Unternehmen investiert werden kann.

Auf vielen Fernostreisen habe ich gesehen, dass man bei jedem Arbeitsschritt in der langen textilen Kette entscheiden kann, ob man in der Produktion Geld sparen oder lieber Qualität produzieren möchte. Und wir drehen immer kompromisslos Richtung Qualität. Ich kenne niemanden, der das außer uns so macht. Unsere Zulieferer brauchen Jahre, bis sie diese Einstellung wirklich verinnerlicht haben.

Haustex: Können Sie den Qualitätsgedanken konkretisieren?

Stelzer: Nehmen wir die Textilveredlung. Dort können Sie Effekte mit billigen Chemikalien erreichen, die leider gesundheitlich bedenklich sind. Sie können die gleichen Effekte aber auch mit völlig harmlosen, dafür aber teureren Chemikalien erreichen. In dem Fall gehen wir immer den Weg, die unbedenklichere Chemikalie zu wählen.

Brenner: Die höheren Kosten werden durch die entsprechend längere Lebensdauer kompensiert. Und dann sieht der Endverbraucher, dass wir mit Cotonea nicht nur preiswert im eigentlichen Sinn sind, das sowieso, sondern tatsächlich auch günstig. Ein Beispiel: Wir statten Hotels mit unserer normalen Bettwäsche aus. Und wie es da zu geht, wissen Sie: Gastwechsel, Wäsche runter vom Bett und ab in die Wäscherei. Die Bettwäsche ist also einer viel höheren Beanspruchung als in einem Privathaushalt ausgesetzt.

Ein Südtiroler Hotelier hat sich tatsächlich kürzlich entschuldigend bei uns gemeldet, dass er leider nach vier Jahren noch nichts nachordern könne, da die Bettwäsche noch einwandfrei sei. Und dann kam der Schlüsselsatz: Ihr seid zwar weit teurer in der Anschaffung als andere Bettwäsche-Anbieter, aber mit Euch spare ich trotzdem Geld, weil ich lange Zeit nichts nachordern muss. Wir bieten ein ehrliches Produkt und einen ehrlichen Gegenwert.

Haustex: Seit wann führen Sie die Marke Cotonea?

Stelzer: Cotonea gibt es seit 2003. Vorher haben wir ausschließlich Bio-Ware für andere Nischenanbieter und Marken produziert. Bis heute ist dieser Bereich ein sehr wichtiges Standbein für das Unternehmen.

Haustex: Wächst nach Ihrer Beobachtung die Nische der Bio-Produkte?

Stelzer: Ja, es findet beim Konsumenten ein Umdenken statt. Unsere These ist, dass die jetzige Periode nicht nachhaltigen Wirtschaftens zu Ende geht. Schauen Sie sich doch einfach mal um. Das Sortiment an vegetarischen und veganen Produkten in den Supermärkten wächst zusehends. Die Drogerie-Märkte haben eine große Bio-Abteilung. C&A hat im letzten Jahr rund 140 Millionen Teile an Bio-Textilien verkauft. H&M war mit mehr als 50 Millionen Teilen dabei. Die großen Verbrauchermärkte bestücken ihre Regale meterweise mit Bio-Ware. Tchibo möchte sein Sortiment, so hört man, innerhalb der nächsten zwei Jahre komplett auf Bio-Produkte umstellen.

Internationale Bekleidungs-Konzerne fragen bei uns an, weil sie unsere Bio-Gewebe wollen, mit dem Label der Marke Cotonea als Einnäher, da nur bei uns die lückenlose Rückverfolgbarkeit der Produkte möglich ist, beginnend beim Baumwoll-Anbau. Der Markt für nachhaltige Produkte ist also definitiv vorhanden. Jetzt liegt es am Bettenhandel, seine Wahrnehmungskompetenz in diesem Sektor zu stärken.

Brenner: Durch die zunehmende Thematisierung von Ökologie und Nachhaltigkeit in der Öffentlichkeit, wird beim Kunden ein gewisses unbewusstes Bereitschaftspotenzial aufgebaut. Wenn er dann im Geschäft mit dem Angebot konfrontiert wird, gelangt er in die selektive Wahrnehmung. Und da liegt die Kunst des Verkaufens bei dem enormen Überangebot, das auf dem Markt herrscht. Schließlich handelt es sich bei Bettwäsche mehr oder minder um sogenannte Me-too-Produkte. Es findet nur ein reiner Dessin-Wettbewerb statt.

Stelzer: Wie möchte ein Händler erfolgreich verkaufen, dessen Geschäft mit 20 Marken gefüllt ist? Wie möchte er den Kunden führen und ihm etwas verkaufen, das nicht auf der Großfläche vorhanden ist? Bei uns hat der Händler die Chance, eine wirklich interessante Geschichte zu erzählen. Denn mit Cotonea führt er ein Produkt mit einer tatsächlichen Alleinstellung.

Haustex: Und die wäre?

Stelzer: Wir sind eine der ganz wenigen Firmen, welche die textile Kette vom eigenen Feld mit Bio-Baumwolle über das Spinnen, Weben, Veredeln, Konfektionieren bis ins Ladenregal begleiten und spezifizieren. Das macht sonst keiner.

Haustex: Wie gelingt Ihnen diese Alleinstellung?

Stelzer: Wir verfügen über zwei Projekte in Kirgistan und Uganda, wo wir ökologische Baumwolle anbauen lassen. Gemeinsam mit der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit haben wir den Bauern in Uganda den Anbau ökologischer Baumwolle beigebracht. Wir vereinbaren mit den Bauern feste Preise für die benötigte Abholmenge, inklusive eines Bio-Aufschlags, wobei ein Mindestpreis - auch bei niedrigen Weltmarktpreisen - nicht unterschritten wird. Eine Fair-Trade-Prämie an die Kooperative kommt hinzu.

Haustex: Es war wahrscheinlich kein Selbstgänger, den Menschen dort zu erzählen, dass sie bei der Baumwolle jetzt alles anders machten müssten.

Stelzer: Im Gegenteil. Der Bürgerkrieg in Uganda hat sehr viele Menschen das Leben gekostet. Man muss sich vorstellen, dass das Durchschnittsalter bei nur 14 Jahren liegt. Und mehr als 20 Jahre lag der Ackerbau so gut wie brach. Erst seit 2006 ist das Land weitgehend befriedet. Es gibt also kaum Menschen, die noch aus der Zeit vor 1986 Landwirtschaft kennen gelernt haben. Auf der anderen Seite ist Uganda das Land mit dem größten Bevölkerungswachstum. Die durchschnittliche Familie hat acht Kinder. Was passiert also? Junge Menschen bauen auf ihren Parzellen Baumwolle an und ernten pro Hektar etwas 180 Kilogramm Baumwolle. Aber wenn man es richtig macht, erntet ein Baumwoll-Bauer 1.500 bis 1.600 Kilogramm pro Hektar. Auch mit Bio-Baumwolle. Das ist das Potenzial, das man durch kluge Ausbildung heben kann.

Haustex: Was spricht für Kirgistan und Uganda als Baumwoll-Standort?

Stelzer: Die Böden und die klimatischen Bedingungen in beiden Ländern sind sehr unterschiedlich, was sich auf die Eigenschaften der Baumwolle auswirkt. Die kirgisische Baumwolle ist kräftig und strahlend weiß, während die Ware aus Uganda sehr fein, seidig und von schöner Haptik ist. In Kirgistan initiierte die Schweizer Entwicklungsorganisation Helvetas 2004 die Produktion und Vermarktung von Bio-Baumwolle. Cotonea ist ein fester Partner des Projektes in Jalalabad und nimmt den größten Teil der Ernte ab. Sie liegt bei mehr als 800 Tonnen. Und für Uganda spricht das fruchtbare Land und die regelmäßige Bewässerung durch Regen. Durch die Nähe zum Äquator können mehrere Ernten im Jahr eingebracht werden.

Haustex: Limitiert eigene Bio-Baumwolle den Output an Bio-Textilien bei Elmer&Zweifel?

Stelzer: Was uns limitiert, sind alleine der Markt und die Bekanntheit der Marke Cotonea. Denn in der Produktion können wir aufbauen, und ich wäre froh, das ginge schneller. In Uganda haben wir zurzeit 8.000 Bauern zertifiziert. Mehr geht nicht, weil der Absatz der Bio-Baumwolle nicht gewährleistet ist. Das Geld können wir uns sparen. Bereits trainiert sind aber bereits 40.000 Bauern, voll ausgebildet in ökologischer Landwirtschaft. Darüber hinaus haben wir Adressen von 40.000 bis 50.000 weiteren Farmern, die gerne im ökologischen Landbau ausgebildet werden würden.

Haustex: Um es auf einen Nenner zu bringen: Sie verwenden für die Marke Cotonea ausschließlich zertifizierte Bio-Baumwolle und nur aus diesen beiden Regionen?

Brenner: So ist es. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist für uns, dass die Saat für die Bio-Baumwolle nicht zugekauft wird. Die Bauern erhalten ihr Saatgut unentgeltlich von ihrer Kooperative, die es direkt aus der Baumwoll-Entkörnungsmaschine gewinnt und selektiert. Damit trägt man zur Bio-Diversität bei. Es werden weder Gen-manipulierte noch Hybrid-Sorten verwendet. Ihre Verwendung würde die Zertifizierung nichtig machen.

Haustex: Nun gibt es Baumwoll-Organisationen wie etwa Cotton USA, die ein deutlich entspannteres Verhältnis zu genmanipulierter Baumwolle haben. Was spricht aus Ihrer Sicht dagegen? Schließlich muss man dank ihr nicht so viel Pestizide auf die Felder bringen.

Stelzer: Saatgut war bislang für die Menschheit ein freies Gut, wie Luft und Wasser. Mit der Gentechnik wird Saatgut ein kommerzielles Gut. Ein Sachverhalt, den ich nicht nachvollziehen kann.

Zweiter Punkt: Die Saat-Konzerne sind oligopolistisch, fast monopolistisch aufgestellt und ziehen hohe Erträge daraus. In Indien haben rund 95 Prozent auf Gen-Baumwolle umgestellt und leiden heute darunter, weil die versprochenen Vorteile nicht eintreten. Sie beginnen dort zu verstehen, dass die Qualitäten nicht mehr so gut sind wie früher und trotzdem alles teurer ist als früher.

Der dritte Punkt: Die genmanipulierten Baumwoll-Saaten sind resistent gegen ein Breitband-Herbizid, Glyphosat. Das Herbizid vernichtet die Artenvielfalt in der Natur, denn pauschal wird alles vernichtet, was wächst, mit Ausnahme der Baumwolle. Das Problem dabei ist, dass immer mehr Resistenzen gegen Glyphosat entstehen. Eines ferneren Tages wird man mit Glyphosat nicht mehr arbeiten können. Und die Bodengüte verschlechtert sich zusehends.

Haustex: Aber die Erträge liegen angeblich deutlich über denen des ökologischen Anbaus.

Brenner: Auch das stimmt so nicht. Am Anfang mag das vielleicht zutreffen. Aber im biologischen Landbau erzielen wir mindestens so hohe Erträge wie mit gentechnisch manipulierten Saaten nach ein paar Jahren. Dann lässt nämlich die Fruchtbarkeit von Gen-Baumwolle deutlich nach. Nachhaltigkeit sieht anders aus.

In den USA sind genmanipulierte Lebensmittel gang und gäbe. Ganz allmählich kommt dort eine Diskussion über die gesundheitlichen Folgen auf und finden zahlreiche medizinische Kongresse zu dem Thema statt. Ich prognostiziere, dass man mit dem Thema Genmanipulation eine Büchse geöffnet hat, von der man in 50 Jahren sagen wird, man hätte sie besser geschlossen gelassen. Ich bin darum sehr dankbar, dass die Akzeptanz der Öffentlichkeit dafür in Deutschland nicht gegeben ist. Wir verfolgen das Thema in unserem Unternehmen sehr genau und messen an mehreren Stellen, ob wirklich nichts gentechnisch Verändertes enthalten ist.

Haustex: Warum haben Sie sich entschieden, mit Cotonea eine Marke für Bio-Baumwollprodukte auf den Markt zu bringen?

Stelzer: Als Zulieferer sind wir davon abhängig, was der Kunde wünscht. Und häufig läuft es dann auf einen günstigeren Preis auf Kosten der Qualität hinaus. Aber wir möchten eine wirklich gute Qualität anbieten. Darum waren wir uns schnell einig, dass wir das unter einer eigenen Marke erreichen müssen.

Haustex: Der Aufbau einer Marke ist allerdings ein steiniger Weg, nicht nur finanziell.

Stelzer: Es hat zwar länger gedauert, als wir gedacht haben. Aber es funktioniert. Wir haben heute zwei Pfeiler, unsere Marke und unseren Webshop. Dort können unsere Kunden ihren Kommentar zu unserer Leistung auf eKomi mitteilen, einer unabhängigen Plattform. Neben einem Text können dort bis zu fünf Sterne vergeben werden. Wir liegen bei einem Durchschnitt von 4,9 Sternen. Die Leute sind also wirklich zufrieden mit unseren Produkten.

Brenner: Mehr noch: Wer einmal Cotonea gekauft hat, ist häufig ein Fan der Marke. Eine unserer Spezialitäten ist beispielsweise unsere Biber-Qualität. Wir produzieren anders als die meisten, ausschließlich aus frischen Fasern, mit einer anderen Garneinstellung. Und wir können anders rauhen, da wir keine Kämmlinge beimischen, also kurzstapelige Fasern, die beim Rauhen den Biber-Effekt leichter ermöglichen. Wir verwenden nur langfaserige Baumwolle, die wir darum anders rauhen müssen. Dafür ist unser Biber aber auch längerlebig. Und die Ware sieht top aus. Darum nennen wir die Ware Edel-Biber

Wir sind im Übrigen einer der wenigen, die es beherrschen, einen Uni-Biber herzustellen. Das ist wegen des Warenbildes die hohe Schule. Gemusterte Ware ist demgegenüber weniger kompliziert.

Haustex: Wie ist es Ihnen gelungen, einen neuen Kundenstamm für die Marke Cotonea aufzubauen?

Brenner: Dafür war vor allem viel Überzeugungsarbeit nötig. Uns war klar, dass die Gesellschaft sich mehr in Richtung Nachhaltigkeit bewegen muss. Und wir als Unternehmen möchten diesen Weg mit gehen. Es war anfangs nicht leicht, den Handel davon zu überzeugen. Er war es gewohnt, dass die Vertreter mindestens zweimal im Jahr mit ihrem Musterkoffer vorbeikommen, um neue Produkte anzubieten. Das ist aber nicht unsere Vorgehensweise.

Denn die Fachhändler haben ein Problem, das sie auch zunehmend erkennen: Die meisten Produkte sind wie erwähnt sogenannte Me-too-Produkte, zu finden in vielen Online-Shops und auf der Großfläche, speziell auch bei Möbelgiganten. Das heißt, der Fachhandel befindet sich in der Austauschbarkeit. Sein Kittel-brenn-Faktor ist inzwischen sehr hoch.

Sich deswegen als Ausweichstrategie auf die Kernkompetenz bei den Schlafsystemen zu konzentrieren, hilft aber auch nicht. Denn wer sich ein System gekauft hat, braucht in den nächsten zehn Jahren keines mehr. Ganz abgesehen von der tristen Optik, die solch ein Geschäft ausstrahlt. Was nutzt es dem Händler, wenn er zwar die Fachkompetenz besitzt, aber nicht die Wahrnehmungskompetenz beim Endverbraucher?

Es gibt für den Bettenhandel also eine strategische Lücke, die im Sortiment irgendwie aufgefüllt werden muss. Mit etwas, das man auf der Großfläche nicht findet. Und dafür ist unsere Ware prädestiniert, denn wir konzentrieren uns nur auf den Fachhandel. Dazu zählen wir den Bettenfachhandel, aber auch Raumausstatter und mittelständische Möbelgeschäfte.

Stelzer: Unser Produkt stärkt außerdem das Image des Händlers, denn Cotonea hat mit seiner Zertifizierung einen Zusatzwert, den andere nicht haben. Die Marke dokumentiert, dass der Händler verantwortlich handelt.

Brenner: Über Cotonea erreicht man neue Kunden und über ihre Mundpropaganda zieht das weitere Kreise. Zusätzlich sehen die neuen Kunden praktisch nebenbei die Schlafsysteme im Geschäft, sodass auch der Umsatz mit diesem Warenbereich steigt.

Für den Händler außerdem interessant: Mit Cotonea ist er dem modischen Wandel nicht so extrem ausgeliefert wie bei den übrigen Bettwäsche-Anbietern, die zweimal im Jahr mit einer komplett neuen Kollektion auf den Markt kommen. Das heißt, die alte Kollektion muss raus. Zu regulären Preisen hat der Händler vielleicht 30 von 100 Garnituren verkauft, großzügig von mir geschätzt. Also gehen 70 Garnituren in eine Schütte, über die der Herr Sale sein Schildchen hängt. Und dann kommt ein Kunde, und möchte Bettwäsche kaufen. Dreimal dürfen Sie raten, wo er zugreift. Jetzt erzählen Sie mir bitte einmal, wie man mit solcher Bettwäsche Geld verdienen kann?

Die Cotonea-Kollektion ist demgegenüber langfristiger angelegt. Sie bekommen selbst Cotonea-Druckdessins auch noch nach zwei, drei Jahren. Es ist also gar kein Grund vorhanden, unsere Ware abzuschreiben und in einer Schütte zu verramschen. Mit Cotonea kann man wirklich Geld verdienen.

Stelzer: Obendrein ist der Händler bei uns nicht gezwungen, ein Warenpaket von 100 Garnituren bis zum Zeitpunkt x zu ordern. Vielmehr kann er sein Sortiment von uns ganz nach Wunsch pflegen, ausweiten und zu jeder Zeit nachordern. Er hat also kein Risiko bei seinen Entscheidungen.

Haustex: Kommen wir zur Cotonea-Qualität. Wenn man Ihre Bettwäsche neben eine andere Garnitur im gleichen Preissegment legt, wodurch unterscheidet sich Cotonea?

Stelzer: Unsere Ware hat eine ganz andere Haptik, der Unterschied ist einfach zu spüren. Wir haben in Spinnerei, Weberei und Ausrüstung herausgeholt, was technisch machbar ist. Dadurch fühlt sich unsere Ware nicht nur anders an, sie ist auch haltbarer. Unser Kernsortiment besteht aus gewebten und stückgefärbten Uni-Artikeln. Dazu kommen einige wenige Drucke als wechselndes Sortiment.
Wir bieten auch Konfektionslösungen mit mehreren Farben oder unterschiedlichen Stoffarten. Unser Renner ist beispielsweise seit Jahren unsere Wendebettwäsche Tandem. Eine Seite besteht aus unserem Edelbiber, die andere aus einer Satin-Qualität. Mit ihr kann man gleichzeitig unterschiedliche Wärmewünsche bedienen. Männer bevorzugen eher die Satin-Seite, während Frauen es häufig etwas wärmer lieben und die Biberseite wählen. Der perfekte Problemlöser für unterschiedliche Wärmebedürfnisse.

Brenner: Sie sehen, bei uns läuft vieles anders. Für uns gilt: Wer regeln bricht, schafft neue Märkte. Und wir brechen Regeln bei der Vorgehensweise. Cotonea als Marke ist ja schon ein Regelbruch. Deshalb haben wir unseren eigenen Markt geschaffen.

Haustex: Wie hat sich die Marke Cotonea seit Gründung entwickelt?

Brenner: Wir haben in unserem Aktiv-Pool rund 450 Händler. Das ist noch ausbaufähig. Wir sind in allen Verbänden des Bettenhandels gelistet. Aber wir sind auch bei Naturwaren-Händlern vertreten, Raumausstattern und dem mittelständischen Möbelhandel, der sich gegen die Großen wehren muss. Wichtig: Wir suchen die Kunden aus. Dazu gehört nicht die Großfläche. Und wir sind auch nur in ausgewählten Online-Shops zu finden. Seit acht Jahren lehnen wir reine Online-Shops ab. Bei Amazon, Zalando und E-Bay wird man Cotonea von uns nicht finden. Was unsere Kunden machen, ist deren Entscheidung.

Der Fachhandel braucht doch Partner, die sich zu ihm bekennen. Jetzt muss er nur noch sagen, dass er mit uns zusammen arbeiten möchte.

Haustex: Welche Siegel nutzen Sie zur Deklaration Ihrer Bio-Ware?

Stelzer: Wir wissen sehr genau, wo und was man testen muss, um wirklich auf der sicheren Seite zu sein. Unser wichtigstes Label ist IVN best, es ist schlicht das konsequenteste. Fast alle unserer Produkte sind nach IVN best zertifiziert. Das Label besagt, dass im Produkt nichts enthalten ist, was auch nur den Verdacht erregen könnte, schädlich zu sein. Es muss also noch nicht einmal bewiesen sein. Nicht nur Greenpeace sagt, dass IVN best das höchste derzeit erreichbare Nachhaltigkeits-Niveau erreicht.

Darunter ist GOTS angesiedelt, ehemals als IVN better der kleine Bruder von IVN best. GOTS hat den Vorteil, weltweit bekannt zu sein, hat aber gewisse Einschränkungen. So kann man etwa optische Aufheller verwenden, unter bestimmten Bedingungen mercerisieren oder Silikon-Ausrüstungen vornehmen. Um die Funktion in einem Textil zu erzielen, braucht man zum Beispiel solche Ausrüstungen.

Außerdem ist die gesamte Fertigungskette von Cotonea durch das Institut für Marktökologie "fair-for-life"-zertifiziert, das die Einhaltung von Sozialstandards kontrolliert. Das Fair-Trade-Siegel ist uns zu unfair und zu teuer. Denn um zu beweisen, dass der Bauer 15 Cent Prämie bekommt, zahlen wir für Zertifizierung und Lizenz pro Garnitur Bettwäsche 1,50 Euro oder 1,60 Euro. Dadurch ist man im Ladenpreis schnell mal fünf Euro teurer als ohne Zertifizierung. Das ist nicht in Ordnung.

Haustex: In welchem preislichen Segment bewegt sich Cotonea-Bettwäsche?

Stelzer: Auch für unsere Artikel mit fair-for-life-Zertifizierung haben wir ein preisliches Limit. Wir können nicht in der Luxusklasse liegen, sondern bewegen uns im gehobenen Fachhandelsniveau. Der Schwerpunkt für eine Bettwäsche-Garnitur mit 80x40 Kissen liegt bei rund 90 Euro. Die Garnituren kosten zwischen 80 und 130 Euro.

Haustex: Welche Ziele setzen Sie sich bei der Expansion der Cotonea-Bettwäsche?

Brenner: Wir möchten in Deutschland zwischen 200 und 250 Cotonea-Premium-Händler gewinnen. Diese Händler führen ein gewisses Warenpaket der Marke, das über die Bettwäsche hinaus geht. Denn neben Bettwäsche bieten wir ein rundes, nachhaltiges Sortiment an Frottier-Artikeln fürs Bad, Baby- und Kinder-Artikeln, Damenblusen, Herrenoberhemden, Shirts. Zu sehen in unserem Online-Shop.

Haustex: Den Online-Shop eines Herstellers betrachten Händler in der Regel mit Argwohn.

Brenner: Als wir mit Cotonea begannen und noch nicht so viele Partner hatten, haben viele Endverbraucher gefragt, wo sie die Ware bekommen könnten. Um die Marke und den Absatz zu unterstützen, haben wir uns dazu entschieden, den Shop zu eröffnen, wohl wissend, dass früher oder später auch kritische Fragen dazu kommen würden. Aber wir unterlaufen nicht unsere eigenen Preise, machen auch keine Sonderaktionen, sodass wir unseren Handelspartner gar nicht in die Quere kommen.

Und da kommt unser Konzept der Premium-Händler ins Spiel. Ein Händler, der sich entschließt, einen Cotonea-Stützpunkt zu errichten, erhält von uns ein Gebiet, das wir ihm zuschlagen. Wir reden von etwa 25 Kilometern Radius. Kauft ein Endverbraucher aus diesem Raum in unserem Online-Shop ein, erhält der Händler automatisch eine Beteiligung von 16 Prozent des Umsatzes. In einer verbesserten Version unseres Shops poppt bei der Bestellung außerdem die Adresse des lokalen Händlers auf, sodass der Besucher den Kauf abbrechen und beim Händler direkt kaufen kann. Wir sind fair-for-life zertifiziert und das ist unser Verständnis von Partnerschaft.

Stelzer: Ein weiterer Punkt unseres Premium-Konzeptes ist ein Cotonea-Coach im Geschäft. Er wird von uns gezielt betreut und betreut seinerseits gezielt das Cotonea-Sortiment. Als Gegenleistung unterstützen wir den Cotonea-Coach beim netzwerken mit Cotonea-affinen Zielgruppen, die es zuhauf gibt: Nabu, WWF, Greenpeace, Landfrauenvereine und wie sie alle heißen. Wir kennen die Ansprechpartner und können interessante Kontakte vermitteln.

Brenner: Die Zeit des stationären Handels ist vorbei. Das heißt, es reicht nicht mehr, auf den Kunden im Geschäft zu warten. Der Händler muss vielmehr dort sein, wo sich seine potenziellen Kunden aufhalten. Dabei können wir ihm mit einzigartigen Produkten und zielgenauen Ansprechpartnern helfen. Beispielsweise der Hebammen-Verband empfiehlt werdenden und jungen Müttern Produkte von Cotonea. Wir haben aber noch weitere Ideen, wie wir den Bettenfachhandel unterstützen können, sodass er erfolgreich agieren kann.

Haustex: Auf welchen Messen ist Cotonea zu finden?

Stelzer: Wir besuchen als Elmer&Zweifel nur zwei große Messen im Jahr. Das ist die Munich Fashion Start für Stoffanbieter und die Berliner Visionen. Dort erreichen wir ein internationales Publikum. Außerdem nehmen wir mit Cotonea an der ABK Open und der Warenbörse des Bettenrings teil.

Haustex: Es ist hinlänglich bekannt, dass die Zahl der Bettenfachhändler stetig abnimmt. Ist es für Elmer&Zweifel vor diesem Hintergrund nicht gefährlich, sich mit Cotonea ausschließlich auf diese Zielgruppe zu konzentrieren?

Stelzer: Nein, überhaupt nicht. Wir sehen für Cotonea Wachstum in zweierlei Hinsicht. Einmal haben wir zahlreiche Fachhändler noch gar nicht als Kunden gewinnen können. Außerdem können wir mit den Kunden wachsen, die wir schon beliefern. Da macht uns das Internet auch keine Sorgen. Vielmehr registriere ich bei den jüngeren Konsumenten ein wachsendes Bewusstsein für Regionalität. An der Stelle sehe ich durchaus Chancen für Händler. Es gibt so viele Spielarten der Zusammenarbeit zwischen Handel und Industrie, dass mir um die Zukunft des Handels nicht bang ist.

Brenner: Außerdem ist Quantität häufig der Feind der Qualität. Darum legen wir Wert auf eine ausgewählte Zahl an ausgezeichneten Händlern, mit denen wir gemeinsam vorwärts marschieren wollen. Entscheidend ist nicht, wie viele Fachhändler es gibt, sondern wie viele Kunden zum Fachhändler kommen. Und Online sehen wir nicht als Gegner, sondern als Mittel zur Unterstützung des Händlers vor Ort. Wenn einem der Wind entgegen bläst, kann man Schutzmauern bauen oder Windmühlen, um die Energie zu nutzen. Die zweite Möglichkeit ist nach meiner Sicht die nachhaltigere Lösung.
aus Haustex 11/17 (Wirtschaft)