4. Fließestrich-Forum ausgebucht

Vielseitiges Programm überzeugt Teilnehmer


Das Fließestrich-Forum bot auch dieses Jahr Handwerkern, Sachverständigen und Vertretern aus der Industrie Austauschmöglichkeiten und Fachvorträge rund um das Thema Fließestrich. Die vierte Veranstaltung Ende Oktober 2017 in Stimpfach-Rechenberg war bis auf den letzten Platz ausgebucht.

Auf Baustellen wird in Deutschland immer mehr Fließestrich eingesetzt. So liege der Marktanteil von Calciumsulfat-Fließestrich bei 30 %, während konventioneller Zementestrich 40 % ausmacht. Mit diesen Marktdaten eröffneten die Gastgeber das vierte Fließestrich-Forum: Antje Hannig, Geschäftsführerin des Verbands für Dämmsysteme, Putz und Mörtel (VDPM), und Bernfried Hansel, Obmann des BEB-Arbeitskreises Calciumsulfatestrich. Veranstalter waren neben dem VDPM das Institut für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung (IBF) und der Bundesverband Estrich und Belag (BEB).

Martin Langen, B+L Marktdaten
Wo bleibt der Bauboom? Analyse der Bauentwicklung mit Ausblick auf 2018

Martin Langen prognostizierte eine sinkende Nachfrage nach Wohnraum in den Städten. "Für viele wird der Wohnraum unbezahlbar." Eine Folge sei die Abwanderung ins Umland. Dies führe zur Gefahr von Überkapazitäten in den Metropolen durch zu viele und zu große Neubauprojekte.

Für die Baubranche fiel auf, dass die Anzahl der Baugenehmigungen bei Ein- und Zweifamilienhäusern sank. Für estrichlegende Gewerke ist dies besonders gravierend, besitzen solche Objekte doch eine größere Estrichfläche als etwa Geschosswohnungen. Für die Zukunft warnte Langen vor dem Fachkräftemangel. Dieser würde auf Grund des fehlenden Personals zu einer niedrigen Umsetzung von Bauvorhaben führen.


Jan Mörchel, Knauf Gips
Trittschall - Anforderungen, Prognosen und subjektives Empfinden

Jan Mörchel erläuterte die Grundlagen der Bauakustik. Dabei ging er auf die Grundlagen und Kenngrößen im Massivbau nach DIN 4109:2016 ein. Er zeigte verschiedene Trittschall-Dämmstoffe und führte diese auch anhand einiger Beispiele auf. Rechenverfahren zur Ermittlung der Trittschalldämmung von Estrichen auf der Rohdecke wurden ebenso anschaulich erläutert wie die Bedeutung der Kriterien dynamische Steifigkeit und flächenbezogene Masse bei unterschiedlichen Trittschall-Dämmstoffen.

Höhepunkt war eine praktische Demonstration, die das Publikum begeisterte: Mit Hilfe eines Mini-Lautsprechers und Dämm-Materialien zeigte Mörchel die möglichen Maßnahmen gegen Tritt- und Luftschall.


Dr. Christian Scherer, Fraun-hofer Institut für Bauphysik
Innenraumluftqualität - Welche Anforderungen können auf Estriche zukommen?

Dr. Christian Scherer berichtete über verschiedene Testreihen zu VOC-Emissionen unterschiedlicher Estrichrezepturen. Seine Untersuchung zeigte, dass der Abbau von giftigen Stoffen über die Zeit bei den deutschen Estrichen keine Gefahr darstellt. "Man kann Estriche produzieren, selbst mit Finish, die keine Probleme machen", sagte Scherer.

Etwas besorgter betrachtete er das Thema Radioaktivität im Baumaterial. Aktuell gibt es keinen Mess-Standard in Deutschland, allerdings in einigen EU-Ländern. Gerade in Süddeutschland kann es zu einer Radon-Belastung in Kellern kommen. Selbst wenn es zu einer Innraumluftqualitätsprüfung kommt und ein fester Wert festgeschrieben werden würde, ist Dr. Scherer davon überzeugt, dass die am Markt befindlichen Estriche aus deutscher Produktion den Anforderungen gewachsen wären.


Ulrich Meier, Geschäftsführer des Industrieverbands Hartschaum IVH
Entsorgung von EPS-Baustellenabfällen - Status quo und Perspektiven

Mit der seit Juli 2017 gültigen Verordnung zur Entsorgung von EPS-Baustellenabfällen, insbesondere von HBCD-haltigem Material, setzte sich Ulrich Meier (Geschäftsführer des Industrieverbands Hartschaum IVH) auseinander. "Der Entsorgungsnotstand war unnötig durch die Politik geschaffen worden", sagte er. Durch die "Aktionsgemeinschaft für eine sichere und fachgerechte Entsorgung von HBCD-haltigen Dämmstoff-Abfällen (AG EHDA)" konnte die neue Abfallverordnung angepasst werden. Zudem gab Meier den anwesenden Estrichlegern konkrete Empfehlungen zur Entsorgung. So werden größere Mengen von einem zugelassenen Sammler abgeholt und dokumentiert. Mit dem Übernahmeschein in Papierform muss der Estrichleger selbst nicht am elektronischen Abfallnachweisverfahren (eANV) teilnehmen. Auf diese Weise ist der Betrieb seinen Entsorgungspflichten nachgekommen. Schwierig wird es bei besonders kleinen Bauvorhaben, bei denen eine getrennte Sammlung mit mehreren Containern nicht stattfinden kann, weil auf der Baustelle nicht genügend Platz ist. In diesem Fall darf das Trennen auch zu einem späteren Zeitpunkt geschehen. Den geplanten Weg der Branche weg von der thermischen hin zur stofflichen Verwertung schilderte Meier anhand des Creasolv-Verfahrens, mit dem ab 2018 zunächst in einer Pilotanlage neue Wege beim EPS-Recycling beschritten werden.


Dr. Roland Augustin, IBF
Haftzugfestigkeit bei Fließestrichen - ein Qualitätsmerkmal

Dr. Roland Augustin (Institut für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung) hielt einen Vortrag über Haftzugfestigkeit bei Fließestrichen, also der Haftung zweier Schichten (Untergrund und Belag). Auch von ihm gab es für die Praktiker im Saal konkrete Empfehlungen, etwa Estricheigenschaften wie Haftzugfestigkeit und Oberflächenzugfestigkeit vor der Belagsverlegung mit den bewährten Verfahren zu prüfen und eine Probeverklebung des Belags vorzunehmen. "Nach dem Motto ein Wert ist kein Wert sollten mindestens fünf Prüfverfahren durchgeführt werden, um die Haftzugfestigkeit zu ermitteln", sagte Dr. Augustin und ergänzte: "Die Oberflächenzugfestigkeit ist ein Qualitätsmerkmal." Zudem wies er darauf hin, dass 2017 ein neues BEB-Merkblatt "Oberflächenzug- und Haftzugfestigkeit von Fußböden" veröffentlicht worden ist.


Heinz-Dieter Altmann, Sachverständigenbüro Altmann
Calciumsulfat-Schnell-estriche? Ein Systemvergleich

Heinz-Dieter Altmann definierte bei Calciumsulfat-Schnellestrichen, was genau mit "schnell" gemeint ist. Dabei stellte er Eigenschaften und Ansprüche an Schnell-estriche gegenüber, und zwar anhand der Kriterien Verarbeitbarkeit, Festigkeit, Austrocknung und Dauerfestigkeit. "Man muss wissen, was man tut, dann funktioniert das schon", sagte Altmann und klärte über die stofflichen Möglichkeiten von Calciumsulfat-Schnell-estrichen auf, gefolgt von Hinweisen auf mögliche Fehlerquellen beim Einsatz, wie Koordinierungsprobleme oder Verarbeitungsmängel. Zur Preisgestaltung äußerte der Sachverständige sich klar: "Wer Express fahren will, muss Zuschlag bezahlen." Schnelligkeit bedarf einer besonderen stofflichen Zusammensetzung des Estrichs, die die Kosten erhöht.


Bernhard Lysser, ISP
Parkett auf Fließestrich - möglich oder nicht?

"Die Parkettdetails sind eher das Problem als der Estrich", sagte Bernhard Lysser (Interessengemeinschaft der Schweizerischen Parkettindustrie) in seinem Vortrag über Fließestrich als Untergrund für Parkett. Über die verschiedenen Holz- und Parketteigenschaften kam Lysser auf die Estrichanforderungen für die jeweiligen Verlegearten beim Parkett zu sprechen.

Kurz ging er auf die Restfeuchte ein. So waren früher in der Schweiz Werte von 0,8 unbeheizt und 0,5 CM-% beheizt normal. Aktuell hält man sich aber an die Angaben der Hersteller: 0,5 und 0,3-CM-%, wird aber auf die in der DIN 18560-1 fixierten 0,5 und 0,5 CM-% umschwenken. Viel entscheidender findet er allerdings für den Parkettleger, was der Estrichhersteller in seiner Empfehlung vorgibt.


Dr. Augustin, IBF
Abschlussdiskussion und Schlusswort

Zum Abschluss fasste Dr. Augustin nochmals alle Themen zusammen. Er lobte, dass das Forum mit 130 Personen so gut besucht war. Dieses Mal hätten die Organisatoren sogar Anmeldungen zurückweisen müssen, da sie ausgebucht war. Besonders angetan war er von den unterschiedlichen Themen, der hohen Qualität der Vorträge und dem intensiven Fachdialog der Teilnehmer während der Pausen. Er kündigte den Termin des nächsten Fließ-estrich-Forums an: Es wird am 23. Oktober 2018 im Kloster Haydau in Morschen (Hessen) stattfinden.
aus FussbodenTechnik 01/18 (Wirtschaft)