Fachanwalt Andreas Becker informiert

Der Auftraggeber als Querulant Ist eine Kündigung aus wichtigem Grund zulässig?


Es soll Auftraggeber geben, die Verlegebetriebe derart schikanieren, dass diese ihren Auftrag kündigen wollen. Tatsächlich gibt es in diesem Fall eine Möglichkeit: die Kündigung aus wichtigem Grund. Sie ist allerdings an strenge Voraussetzungen gebunden, die Fachanwalt Andreas Becker erläutert.

Ein Verlegebetrieb erhielt einen Auftrag für Bodenbelagsarbeiten. Nachdem die Arbeiten anfänglich gut verlaufen waren, der Auftraggeber sämtliche Abschlagsrechnungen innerhalb einer Frist von zehn Tagen zahlte, kam es im Zuge des Fortschritts der Arbeiten zu erheblichen Spannungen. Der Auftraggeber gab ständig an, dass die Mitarbeiter des Betriebs die Leistungen nicht fachgerecht erbringen würden und lauter Mängel produzierten. Er rügte permanent schriftlich Mängel gegenüber dem Betrieb. Er gab an, dass Zeitverzögerungen vorliegen und immense Schäden entstehen würden. Auf der Baustelle selbst gab es bei Treffen auch erhebliche Auseinandersetzungen zwischen dem Bauherrn und dem Betriebsinhaber.

Die Eingriffe des Bauherrn in den Bauablauf führten tatsächlich zu erheblichen Behinderungen während des Bauablaufs. Er wollte bestimmen, welche Arbeiten ausgeführt werden. Er gab vor, wie die Arbeiten fachlich richtig auszuführen seien. Einzelnen Mitarbeitern des Betriebs, die der Auftraggeber für unfähig hielt, wurde der Zugang zur Baustelle verboten.

Der Betrieb kündigte daraufhin das Vertragsverhältnis aus wichtigem Grund. Im Rahmen einer gerichtlichen Entscheidung wurde diese Kündigung bestätigt. Das Gericht gab an, dass der Betrieb zur Kündigung des Bauvertrags berechtigt war, weil das für die Herstellung der Arbeiten unerlässliche Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien wegen vertraglicher Pflichtverletzung des Auftraggebers derart gestört sei, dass eine Fortsetzung des Bauvertrags nicht mehr zumutbar war.

Der Auftraggeber nahm auf die Planung und Durchführung der Bauleistung so massiv Einfluss, dass eine ordnungsgemäße Abwicklung des Vertrags nicht möglich war. Er sorgte durch zahlreiche Schreiben, in denen er die Leistungen der Mitarbeiter kritisierte, für erhebliche Unruhe auf Seiten des Verlegebetriebs. Der Auftraggeber hatte versucht, seine Vorstellungen von einem Bauablauf und der Bauausführung durchzusetzen. Tatsächlich verfügte er über keinerlei Kenntnisse von Bauabläufen und einer ordnungsgemäßen Bauausführung. Aufgrund dieser Sachlage nahm das Gericht an, dass der Betrieb die vertraglichen Verpflichtungen zur Fertigstellung der Leistungen nicht erbringen konnte. Es war dem Betrieb auch nicht zuzumuten, weiterhin tätig zu sein.

Praxistipp

Bei derart massiven Eingriffen des Auftraggebers in den Betriebsablauf ist eine Kündigung aus wichtigem Grund möglich. Allerdings sind die gesetzlichen Regelungen zu beachten. Nach § 648 a BGB (neu) ist eine Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist möglich. Die gesetzliche Regelung dazu sagt aus, dass ein solcher wichtiger Grund vorliegt, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände und einer Abwägung nicht zugemutet werden kann, das Vertragsverhältnis bis zur Fertigstellung des Werks aufrechtzuerhalten.

Bei einer Kündigung aus wichtigem Grund ist jedoch zu beachten, dass vor dem Ausspruch der Kündigung eine erfolglose Frist zur sogenannten Abhilfe von dem Kündigenden gesetzt worden sein muss. Das heißt, dass vor dem Ausspruch einer Kündigung aus wichtigem Grund die Gegenseite erst einmal aufgefordert wird, ihr Verhalten zu ändern. In dem vorliegenden Beispiel müsste also eine Aufforderung dahingehend erfolgen, dass der Bauherr nicht weiter in den Bauablauf eingreift, Mitarbeitern nicht verwehrt, auf der Baustelle tätig zu sein und es unterlässt, fortwährend nicht vorhandene Mängel zu rügen. Dies Unterlassen muss mit einer Fristsetzung verbunden sein, die angemessen ist. Wird trotz der Fristsetzung der Bauablauf weiterhin gestört, kann eine Kündigung aus wichtigem Grund erfolgen.

Auf eine solche Fristsetzung kann nur verzichtet werden, wenn ganz besonders schwerwiegende Umstände vorliegen, die unter Abwägung aller Interessen eine sofortige Kündigung rechtfertigen. Eine solche Kündigung aus wichtigem Grund muss auch zeitlich in einem engen Zusammenhang mit dem Ereignis - hier der Störung bzw. dem Ablauf der Frist - erfolgen. Der Betrieb kann nicht mehrere Monate nach einer Störung warten und erst dann eine Kündigung aussprechen.

Vorsicht, falls der
wichtige Grund wegfällt

Eine Kündigung aus wichtigem Grund ist auch mit gewissen Gefahren verbunden. Sollte der wichtige Grund nicht mehr vorliegen, hat dies für den Kündigenden negative Folgen. Kündigt der Auftragnehmer - hier der Verlegebetrieb - aus einem wichtigen Grund, wegen dauernder Mangelanzeigen und fällt dieser Grund weg, weil die Mängel tatsächlich vorhanden sind, so würde der Betrieb eventuell die Mehrkosten für die Beauftragung eines anderen Betriebs bezahlen, der die Leistungen fertigstellt.

Kündigt der Auftraggeber aus einem wichtigen Grund und liegt dieser Grund nicht vor, so hat der Auftragnehmer das Recht, die gesamte vereinbarte Vergütung aus dem Vertrag zu verlangen, abzüglich von ersparten Aufwendungen, wie z. B. Material. Es ist ratsam, dass vor Ausspruch einer Kündigung eine genaue Dokumentation stattfindet, die Kündigung richtig vorbereitet wird, eine Abwägung stattfindet, ob tatsächlich eine Kündigung ausgesprochen wird und bei Unsicherheit auch ein im Baurecht bewanderter Rechtsanwalt zu Rate gezogen wird.

Aktueller Rechtstipp

Seit dem 01.01.2018 gilt ein neues erweitertes Bauvertragsrecht. Informationen dazu gibt es unter
www.neues-bauvertragsrecht.de.
aus FussbodenTechnik 02/18 (Handwerk)