Steinhoff:

Bilanzkrise und Umbruch


Seit Ende 2017 ist der Möbelhandelskonzern Steinhoff in den Schlagzeilen; das Management soll seit Jahren schon die Bilanzen gefälscht haben. Das hat unterschiedliche Auswirkungen auf Töchter und "Halbtöchter" des deutsch-südafrikanischen Unternehmens (u. a. Poco, Kika/Leiner/Lipo, Conforama).

Was bisher geschah: Der Steinhoff-Konzern, der seine Wurzeln in der deutschen Möbelindustrie hat, wird heute von Südafrika aus geführt und ist in Amsterdam registriert. Dabei erwirtschaftet die Unternehmensgruppe die Hälfte ihres 13-Milliarden-Euro-Umsatzes (Geschäftsjahr 2016) in Europa, vor allem mit Möbeln und Haushaltswaren über Filialisten wie Poco in Deutschland, Kika/Leiner/Lipo in Österreich und Conforama in Frankreich.

Nachdem bei Steinhoff seit Dezember 2017 immer weiter zurückreichende Bilanz-Unregelmäßigkeiten auffielen, trat der Konzern-Geschäftsführer Markus Jooste zurück; der Aktienkurs stürzte um bis zu 90 % ab; Steinhoff geriet in eine akute Schuldenkrise. Und Mitte März drohte die deutsche Finanzaufsicht Bafin auch noch mit einem Zwangsgeld in Höhe von 1,15 Mio. EUR, sofern das Unternehmen seinen Finanzberichterstattungspflichten nach dem Wertpapierhandelsgesetz nicht nachkomme - so die Tageszeitung "Die Welt" am 15.03. Inzwischen hat sich der Gründer Bruno Steinhoff (80) aus dem Aufsichtsrat zurückgezogen und damit seine letzte offizielle Funktion im Konzern abgegeben. Das berichtete die "Nordwest-Zeitung" mit Verweis auf eine Börsenmitteilung.

Das Steinhoff-Management versucht derzeit das Unternehmen durch Verkäufe zu stabilisieren. Von einigen Anteilen am Mischkonzern KAP Industrial (Südafrika) hat man sich bereits getrennt; der Agentur "Bloomberg" zufolge wird Steinhoff vermutlich auch Anteile seiner Tochter Steinhoff Africa Retail (STAR) abtreten, an der der Konzern zu 77 % beteiligt ist. Laut der Fachzeitschrift "Möbelkultur" hat Steinhoff inzwischen einen externen Experten angeheuert: Richard Heis, Chief Restructuring Officer von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG in London. Seine Aufgabe besteht darin, den Schuldenberg von 10,7 Mrd. EUR allmählich abzubauen; noch in diesem Jahr gilt es 2Mrd. EUR zu refinanzieren.

Auf die Steinhoff-Töchter und -Beteiligungen wirkt sich die Krise unterschiedlich aus: Die deutsche "Halbtochter" Poco (118 Häuser, 1,2 Mrd EUR Umsatz) bleibt davon nach eigenen Aussagen unberührt, obgleich Steinhoff 50 % der Anteile hält (Miteigentümer ist XXXLutz). Gegenüber dem Fachmagazin "Baumarktmanager" erklärte Poco-Geschäftsführer Thomas Stolletz: "Wir sind von der Steinhoff-Misere definitiv nicht betroffen." Stattdessen wolle man 2018 fünf neue Märkte eröffnen, beispielsweise in Wetzlar, Saarlouis und Homburg/Saar. Außerdem verfüge man von Anfang an über eine eigenständige Bilanzstruktur: "Der Cash-Pool liegt schon immer komplett bei uns."

Für die österreichische Möbelhandelstochter Kika/Leiner/Lipo mit ihren 46 Filialen und etwa 5.400 Mitarbeitern hat die Steinhoff-Krise deutlichere Konsequenzen: Laut ORF hat die Gruppe mit Sitz in St. Pölten beschlossen, vier Filialen zu schließen. Darüber hinaus meldet der "Kurier", dass Kika/Leiner inzwischen aus dem Steinhoff-internen Cash-Pooling ausgestiegen sei, mit dem der Konzern seine liquiden Mittel steuert. Die Liquidität für die nächsten 12 bis 24 Monate solle durch die Überweisung eines "mehrstelligen Millionenbetrags" in mehreren Tranchen durch die Steinhoff Europe sichergestellt werden, heißt es weiter. Inzwischen seien die Gespräche mit den Lieferanten weit fortgeschritten, das Sortiment werde weiterentwickelt, und ein zeitgemäßes EDV- und Warenwirtschaftssystem sei in Planung. Und in Prag wurde Mitte März sogar eine dritte Filiale eröffnet.
aus Carpet Magazin 02/18 (Wirtschaft)