Visual Merchandising: So bringen Sie Ihren Laden zum Lächeln

Köln. Die Pandemie-Zeit verändert den Handel. Der E-Commerce boomt, aber auch das stationäre Geschäft steht bei den Kunden plötzlich wieder höher im Kurs. "Die Menschen sind ausgehungert nach Nähe und persönlichem Austausch", meint Karin Wahl, Expertin für Visual Merchandising. Sie rät Händlern dringend, die Chance zu nutzen, zum Beispiel indem sie durch optische Einflüsse die Persönlichkeit ihres Geschäfts und den Umsatz steigern.

84 Prozent der Konsumenten neigen dazu, von ihrem Einkaufszettel abzuweichen und spontan mehr zu kaufen. Dass dieses Statistik auch im Möbelhandel greift, stellt IKEA seit vielen Jahren eindrucksvoll unter Beweis. Das Geheimnis dahinter ist eigentlich gar nicht so geheim und doch vielen Händler noch immer ein Rätsel. Dabei ist Visual Merchandising, wörtlich übersetzt optische Verkaufsförderung, ein Marketing-Tool, das gerade auf der stationären Fläche immer wichtiger wird.

"Kurz gesagt geht es darum, die Aufmerksamkeit der Kunden zu wecken und für sie ein positives Einkaufserlebnis zu gestalten - allein über die Optik", erklärt Karin Wahl.

Natürlich habe das optische Verkaufen im Möbelhandel, wo häufig nicht gleich ein Verkäufer zur Verfügung stehen könne, schon immer stattgefunden. "Heute darf sich das aber nicht mehr darauf beschränken, dass ich meine Produkte auf der Fläche hübsch herrichte", warnt die Expertin. Damit visuelles Marketing funktioniere, gelte es einige Regeln zu beachten.

Warenpräsentation

Auch wenn viel Platz eine große Stärke des Möbelhandels ist, rät Karin Wahl bei der Warenpräsentation zu dem Prinzip "weniger ist mehr". "Zu viel Auswahl kann schnell überfordern und weckt dann höchstens noch Fluchtgedanken", weiß sie.

Besser sei es, weniger Produkte zu zeigen und diese dafür perfekt in Szene zu setzen. "Dabei kommt es auf das Storytelling an", so Karin Wahl. So ließe sich bereits mit einfachen Elementen wie schöner Bettwäsche, einer kuscheligen Wolldecke, einem dicken Buch, einer Leselampe oder -brille und einer hübschen Tasse auf dem Nachttisch eine Geschichte erzählen, die die Kunden emotional anspreche. "So gemütlich kann es auch in meinem Schlafzimmer sein", sei die Botschaft, die vermittelt werde. Dass es über das Gezeigte hinaus weitere Produkte, andere Farben oder Größen gebe, ließe sich leicht über das Verkaufspersonal kommunizieren.

Das Umfeld beachten

Genauso wichtig wie die Inszenierung der Produkte ist für die Expertin das Umfeld, in dem sie präsentiert werden. Studien zufolge hat ein Händler nur wenige Sekunden Zeit, um die Aufmerksamkeit der Kunden zu wecken. "Da darf kein Karton in der Ecke stehen, keine Lagertür geöffnet sein, der Gesamteindruck muss stimmen", so Karin Wahl. Sie empfiehlt, jeden Morgen einen gründlichen Check zu machen. Ist alles ordentlich? Stimmt die Beleuchtung? "Ein falsch ausgerichteter Strahler kann sich am Ende des Tages negativ auf den Umsatz auswirken."

Corporate Design

Ebenfalls zum Gesamtbild gehört für die Visual Merchandising-Fachfrau der digitale Auftritt eines Geschäfts. "Der stationäre Shop, die Homepage bzw. der Online-Shop und die Social Media-Aktivitäten sollten ein Gesicht haben." Es sei heute unterlässlich, alle zur Verfügung stehenden Kanäle zu nutzen, um die Kunden zu erreichen. "Denn das ist der wesentliche Punkt", erklärt Karin Wahl. "Durch das Bild das ich abgebe, muss ich dem Kunden zeigen: Ich gebe mir Mühe für dich."

Corona-Einfluss

Die Corona-Pandemie habe diese Erkenntnis noch einmal befeuert. "Nach der Schockstarre, die der erste Lockdown 2020 verursacht hat, haben viele Händler gute Ideen entwickelt, um für ihre Kunden sichtbar zu bleiben", findet die Expertin. Sie glaubt fest daran, dass viele, die in der Krise zu Online-Käufern geworden sind, in die Läden zurückkehren werden. Gerade im Bereich Möbel und erst recht beim Thema Schlafen, habe der stationäre Handel zudem die entscheidenden Stärken auf seiner Seite. "Da geht es um kompetente Beratung und Multisensorik einerseits, aber vor allem darum, dem Kunden ein Wohlgefühl zu vermitteln", findet Karin Wahl. Wer stationär einkaufe, ergänzt sie, wolle eine schöne Zeit verbringen und tolle Dinge entdecken.

Die passenden Bilder dafür zu kreieren ist die Aufgabe des Visual Merchandising. "Für die Umsetzung können Händler entweder ihr Verkaufspersonal fortbilden lassen oder den Bereich in kompetente Hände von außen geben." Im Vorstand des Europäischen Verbands für Visuelles Marketing VMM ist Karin Wahl für die Aus- und Weiterbildung zuständig und weiß, dass das Interesse an der Tätigkeit des Visual Merchandisers bzw. der Gestalter/in für visuelles Marketing, wie die offizielle Berufsbezeichnung lautet, zunimmt. Ihrer Meinung nach haben viele Händler nämlich bereits verstanden: "Wer seinen Laden zum Lächeln bringt, schafft das auch bei seinen Kunden." Und die kommen dann für den nächsten Einkauf garantiert wieder.


Karin Wahl

ist Expertin für Warenpräsentation. Nach ihrer Ausbildung zur Gestalterin war sie zunächst in großen Kaufhäusern tätig und berät heute namhafte Firmen aus der Industrie und im Einzelhandel. Außerdem ist Karin Wahl Vorständin im Verband VMM European Visual Marketing Merchandising, Prüferin bei der IHK, Buchautorin und hält Vorträge auf Messen und Kongressen. Als Trainerin stellt sie ihr Expertenwissen nicht nur in Präsenz-Schulungen, sondern auch in Online-Beratungen und -Seminaren zur Verfügung. Nähere Infos unter www.karin-wahl.de.
aus Haustex 09/21 (Handel)