Betten Heller, Göttingen: Innenstädte brauchen engagierte Händler

Göttingen. Was tun, wenn der Innenstadt die Laufkundschaft fehlt? Für Bettenfachhändlerin Susanne Heller liegen einige hilfreiche Maßnahmen auf der Hand: "Ich rate allen Innenstadtakteuren, sich zu engagieren und am besten gemeinsam zukunftsfähige Konzepte zu entwickeln."

Seit über 100 Jahren befindet sich das Stammhaus von Betten Heller am Kornmarkt, im Herzen der Göttinger Innenstadt. Ein Standort mit Herausforderungen, das weiß Susanne Heller, die das Bettenfachgeschäft in sechster Generation führt, genau. Zu sinkenden Frequenzen und wachsendem Online-Handel, die den Geschäften in den deutschen Innenstädten schon länger zu schaffen machen, gesellten sich im vergangenen Pandemie-Jahr diverse Lockdowns und strenge Hygiene-Konzepte.

"Wir haben uns sehr angestrengt, die Zeit zu überstehen", erinnert sich Susanne Heller. Alle Vorschriften akribisch einzuhalten und trotzdem das bewährte Einkaufserlebnis zu bieten, sei ein Kraftakt gewesen, habe sich aber gelohnt - und zwar gleich in doppelter Hinsicht. "Die Kunden kaufen nicht nur weiter bei uns ein, sie bringen uns auch mehr Wertschätzung entgegen", so die Fachhändlerin. Vielen sei während des Lockdowns überhaupt erst klar geworden, wie sehr der Handel in den Zentren leide und dass sie dabei eine Rolle spielten. "Wer die Innenstadt erhalten will, der muss auch dort einkaufen", diese Erkenntnis gelte es jetzt von Seiten der Innenstadtakteure mit attraktive Angeboten zu untermauern.

Hilfreich dabei, so Susanne Heller weiter, sei in Göttingen, dass das Thema auch in der Verwaltung angekommen sein. "Die Innenstadt steht mittlerweile weit oben auf der Agenda des Stadtrats." So hat die niedersächsische Universitätsstadt etwa ein professionelles Citymarketing mit einer hauptberuflichen Citymanagerin und einem Team, die unter anderem Veranstaltungen und verkaufsoffene Sonntage organisieren oder sich um festliche Weihnachtsbeleuchtung kümmern.

Ein Hauptfinanzier der Maßnahmen ist der Förderverein Göttingen Pro City e.V.. "Hier können sich alle engagieren, denen die Göttinger Innenstadt am Herzen liegt", erklärt die Vorsitzende Susanne Heller. Aktuell seien das bereits über 200 Mitglieder, vornehmlich Händler, aber auch Gastronomen, Immobilieneigentümer und viele weitere Akteure vom Rechtsanwalt bis zum Zahnarzt. Neben der Unterstützung des Stadtmarketings setzt der Verein sich aktiv für Themen ein, die die Göttinger Innenstadt zukunftsfähig machen sollen, darunter die "autofreie Innenstadt".

"Wir haben ein Konzept erarbeitet, dass den Verkehr innerhalb des Stadtwalls reduziert, ohne dass wir dafür auf viele Parkplätze verzichten müssen", so Susanne Heller. Ansatzpunkte sind der Durchfahrt- und vor allem der Lieferverkehr, der die Geschäfte in der Innenstadt derzeit noch über den gesamten Tag verteilt mit Waren versorgt. Die "Initiative Grünfuchs" soll das hohe Verkehrsaufkommen, das so entsteht, deutlich verringern. "Künftig werden alle Pakete an einer zentralen Stelle abgeliefert und aus einer Hand bis zum Endverbraucher bzw. bis in den Laden geliefert", erklärt die Fachhändlerin. Umweltfreundlich auf der letzten Meile erfolge das bis 11Uhr vormittags mit E-Fahrzeugen und im Anschluss mit Lieferlastenfahrrädern. Das Konzept könne demnächst umgesetzt werden, habe den Rückhalt von Politik und Verwaltung (nähere Infos unter www.goepd.com).

"Das Projekt zeigt, dass es wichtig ist, nicht nur zu reden, sondern auch zu handeln", rät Susanne Heller anderen Händlern. Natürlich müsse sich jeder um sein eigenes Geschäft kümmern, vom attraktiven Schaufenster bis zum perfekte Service. "Alleine kann aber niemand eine Innenstadt retten." Wer sich engagiere und am besten als Gemeinschaft eine Interessenvertretung auf die Beine stelle, habe die größten Chancen, nicht nur gehört zu werden, sondern auch etwas bewirken zu können.

"Das ist eine Menge Arbeit, aber es lohnt sich und es ist alternativlos", so Susanne Heller. Ob mit oder ohne Corona-Krise sei der Wandel Realität und die Innenstadt nur zukunftsfähig, wenn sie aktiv gestaltet werde. In Götting klappt es. "Wir bemühen uns, den Besuchern ein Erlebnis zu bieten mit einen Mix verschiedener Angebote und Aktionen." Damit komme dann auch genug Laufkundschaft für den Handel in die Stadt.
aus Haustex 11/21 (Handel)