Schnarchalarm im Schlafzimmer: Ruhe bitte!

Hamburg. Die einen schnurren leise wie ein Kätzchen, die anderen donnern richtig los: Laut Guinness Buch der Rekorde bringt der lauteste Schnarcher der Welt es auf stolze 93 Dezibel, was in etwa einem Presslufthammer oder einem Jumbo-Jet bei der Landung entspricht - mitten im Schlafzimmer. Keine Frage: Schnarchen ist ein echter Nervfaktor. Aber einer mit Potenzial für den Bettenfachhandel, findet Markus Kamps. Im Haustex-Interview erklärt der Schlafexperte, warum Schnarchen seiner Meinung nach ein unterschätztes Thema ist, welche Maßnahmen Betroffenen helfen können und wann zudem ein Gang zum Arzt ratsam ist.

Haustex: Rund jeder fünfte
Deutsche schnarcht - bei den über
65-Jährigen sind es sogar beinahe
50 Prozent. Zunächst einmal ganz
grundsätzlich: Warum schnarchen
wir?

Markus Kamps: Es gibt drei Hauptkriterien, die wir für das Schnarchen verantwortlich machen können. Da ist zunächst das Alter: Je älter wir werden, umso mehr lässt die Muskelspannung insgesamt nach und das Gewebe erschlafft - auch im Mund- und Rachenraum. Hinzu kommen Übergewicht und die Stellung des Kiefers. So ist ein Überbiss schlechter für die Atmung als ein vorgeschobener Unterkiefer. Schon einer dieser Faktoren kann das Schnarchen begünstigen, kommen mehrere zusammen, steigt das Risiko.

Haustex: Regeneration ist ein
wichtiges Thema. Wie erholsam ist
der Schlaf von Schnarchenden?

Kamps: Hier muss man einiges unterscheiden. Jemand, der einfach nur schnarcht, der erholt sich ja trotzdem über Nacht. Nur der Partner im Nachbarbett wahrscheinlich nicht. Die Folge können Spannungen sein, die sich auf die Beziehung auswirken und in den Alltag getragen werden. Die körperliche Regeneration des Schnarchenden selbst wird erst in Mitleidenschaft gezogen, wenn er nicht mehr "normal" schnarcht. Kommt es immer wieder zu Unterbrechungen des Schnarchens oder zu Atemaussetzern, besteht die Gefahr einer Schlafapnoe, die therapeutisch behandelt werden sollte.

Haustex: Bleiben wir zunächst beim
simplen Schnarchen: In vielen
Fällen könnten ja schon einfache
Maßnahmen Linderung
verschaffen. Welche empfehlen
Sie?

Kamps: Die Top drei ist hier definitiv: Übergewicht reduzieren, Schlafphasen in Rückenlage reduzieren und den Alkoholgenuss reduzieren. Aber auch die richtige Ausstattung des Bettes kann Schnarchenden helfen.

Haustex: Worauf gilt es hier zu
achten?

Kamps: Generell sollte das Ziel sein, den Schlaf in der Seitenlage zu fördern. Das ist allerdings nicht ganz unumstritten.

Haustex: Weil aus ergonomischer
Sicht die Rückenlage besser ist, um
den Rücken zu schonen?

Kamps: Genau. Grundsätzlich kann die Rückenlage aber auch atmungstechnisch gut sein. Voraussetzung dafür ist, nicht eingetrichtert, also zu weich zu liegen. Um in Rückenlage frei atmen zu können, muss die Matratze eher fest sein. Wenn zusätzlich die Seitenlage optimiert werden woll, wird die Unterfederung, also der Lattenrost mit seinen Möglichkeiten der Verstellung und Einstellung wichtiger. Sind alle Komponenten perfekt aufeinander abgestimmt, kann der Schläfer trotz fester Matratze in der Seitenlage mit der Schulterpartie einsinken.

Haustex: Spielt auch die Auswahl
des Kissens eine Rolle?

Kamps: Eine große sogar. Das Kissen darf keinesfalls zu hoch sein, um zu vermeiden, dass man eingetrichtert liegt und so die Atmung erschwert wird. Zusammengefasst kommt es bei der Bettausstattung eines Schnarchenden also auf die Abstimmung von Matratzenfestigkeit, der Einstellung und Verstellungen des Lattenrosts und der Kissenhöhe an.

Haustex: Ein Bedarf, der leicht in
jedem guten Fachgeschäft gedeckt
werden kann. Nutzen die Händler
dieses Potenzial aus?

Kamps: Man kann sagen, bei guten Beratern wird Schnarchen in das Gespräch aufgenommen, in der Regel allerdings nur, wenn die Initiative vom Kunden ausgeht. Selten wird das Thema proaktiv vom Fachhändler benutzt und findet noch seltener in dessen Werbung statt.

Haustex: Dabei sehen sie einige
Möglichkeiten...

Kamps: Auf jeden Fall. Beispielsweise könnten Händler Events wie eine Schnarchwoche organisieren, bei der sie Anti-Schnarch-Gadgets zum Testen anbieten. Sind die Kunden dann im Laden, ist die Gelegenheit günstig, auch nach der Bettausstattung zu fragen.

Haustex: Welche Gadgets könnten
das etwa sein?

Kamps: Digitales Self-Tracking, um den persönlichen Gesundheitsstand zu erfahren, ist ja ein Trend. Warum also nicht auch den eigenen Schlaf überwachen? Das funktioniert etwa mit einem Schlaf Tracker Ring, den man über Nacht am Finger trägt und der unter anderem die Sauerstoffsättigung misst. Den Ring könnten Händler als Testtool zur Verfügung stellen.

Haustex: Wie reagiere ich als
Händler, wenn die Daten meines
Kunden bei der anschließenden
Auswertung Grund zur Besorgnis
liefern?

Kamps: In diesem Fall oder wenn mir ein Kunde von Symptomen wie Herzrasen, Schwitzattacken oder Träumen, in denen er fliegt, fällt oder verfolgt wird, berichtet, können das Erkennungszeichen für eine Schlaf-Apnoe, also eine Sauerstoffunterversorgung sein. Als Händler muss ich natürlich darauf hinweisen, dass die Basis für guten Schlaf immer ein gutes Bett ist. Darüber hinaus sollte ich aber auch den Gang zu einer Kompetenzstelle empfehlen, das kann eine Apotheke, ein Lungenarzt oder ein Somnologe sein, wo die Werte überprüft werden können. In jedem Fall habe ich meinem Kunden einen wertvollen Mehrwert geliefert.

Haustex: All das setzt natürlich
die nötige Kompetenz zum Thema
Schnarchen voraus. Wie
können Händler diese erwerben?

Kamps: Viele Fachhändler verfügen über diese bereits. Zudem sind wir als Kompetenzzentrum Gesunder Schlaf aber auch gern behilflich dabei, Wissen zu vermitteln. Gesundheitsthemen, zu denen ja auch Schlafstörungen durch Schnarchen gehören, sind Bestandteil unseres Schulungsprogramms.

Haustex: Zum Schluss: Vom
Nasenspreizer bis zum Keilkissen
gibt es haufenweise Hilfsmittel, die
"Schnarch-Tätern" und ihren
leidgeprüften "Opfern" helfen
sollen. Können Sie ein paar Tops
und Flops nennen?

Kamps: Westen und Kissen, die die Rückenlage verhindern sowie Sprays und Zahnschienen, die für freieres Atmen sorgen sollen, funktionieren ziemlich gut. Natürlich immer abgestimmt auf die Bedürfnisse des Schnarchenden, seine Bettsituation und das Raumklima. Kopfbänder oder Kinnriemen, die den Mund geschlossen halten sollen, sind meiner Erfahrung nach hingegen relativ wirkungslos. Aber auch die Opfer haben Möglichkeiten. Ein gutes Paar Ohrenstöpsel oder hin und wieder mal in ein anderes Zimmer umzuziehen sorgt für angenehm ruhige Nächte.

Zehn Tipps gegen das Schnarchen

1. Akzeptanz
Auch wenn es schwerfällt - bekennende Schnarcher haben es leichter, ihr nächtliches Problem aktiv anzugehen.

2. Kein Alkohol vor dem Zubettgehen
Bier, Wein & Co. lassen die Zungen- und Rachenmuskulatur erschlaffen. Die Folge: sägende und röchelnde Geräusche.

3. Abnehmen
Zu viele Kilos verengen den Luftweg. Zudem kann Fett sich im Halsbereich einlagern, was den oberen Atemwegen ebenfalls Raum nimmt.

4. Auf Zigaretten verzichten
Zigarettenrauch trocknet auf Dauer die oberen Atemwege aus. Als Folge schwellen diese an und der Luftstrom hat beim Atmen weniger Platz.

5. Auf der Seite schlafen
Echte Schnarcher "sägen" zwar häufig auch in Seitenlage, in der Regel aber wenigstens etwas leiser.

6. Oberkörper hochlagern
Wer auf der Seite nicht schlafen mag, kann den Oberkörper erhöht lagern, um freier atmen zu können.

7. Allergieauslöser verbannen
Einige Stoffe sorgen dafür, dass bei Allergikern die Nasenschleimhäute anschwellen. Eine verstopfte Nase fördert das Schnarchen.

8. Schlafqualität verbessern
Ein gutes Raumklima und die Einhaltung einiger Regeln wie fester Schlafenszeiten sorgen für Entspannung.

9. Auf Medikamente achten
Einige Arzneimittel sorgen - ähnlich wie Alkohol - dafür, dass sich die Rachenmuskulatur entspannt.

10. Im Zweifelsfall zum Arzt
Wer zu laut oder unregelmäßig schnarcht und/oder morgens häufig erschöpft aufwacht, sollte ärztlich abklären lassen, ob vielleicht eine Schlafapnoe vorliegt.
aus Haustex 03/22 (Handel)