Objectflor: Interview mit Eberhard Lotz, Yves Bonne, Claudia Kunath

"Ziel ist die weitere Expansion in Europa - auch durch Akquisition"

Objectflor befindet sich dank weitsichtiger Produktpolitik und einer guten Mannschaft weiter auf klarem Wachstumskurs. Die britische Mutter Halstead will die Expansion forcieren und hat Yves Bonne als Director of European Operations angestellt, um ihren Marktanteil in Europa auszuweiten. Dabei denkt man über neue Produkte, neue Marktsegmente und Akquisitionen nach. Claudia und Michael Steinert fragten Yves Bonne, Objectflor-Geschäftsführer Eberhard Lotz und Marketingleiterin Claudia Kunath nach Plänen und Maßnahmen.

BTH Heimtex: Herr Lotz, konnten Sie im Geschäftsjahr 2002/03 (Das Geschäftsjahr von Objectflor geht analog zu Mutter James Halstead vom 1. Juli bis 30. Juni, Anm. der Redaktion) die Delle aus dem Vorjahr ausbügeln?

Eberhard Lotz: Mehr als das. Wir hatten bei der gesamten Gruppe ein Rekordjahr sowohl im Umsatz mit 99,8 Mio. GBP als auch im Nachsteuer-Ergebnis mit 8,6 Mio. GBP und dazu haben wir von Objectflor auch beitragen können. Und es scheint so weiter zu gehen: Das neue Geschäftsjahr seit 1. Juli läuft auch auf dem Niveau, das wir uns vorstellen - leicht über dem Budget. Damit fühlen wir uns ganz wohl, besonders angesichts der aktuellen Situation im Markt.

BTH Heimtex: Wie hoch war denn der Beitrag von Objectflor zu Umsatz und Ertrag von Halstead?

Lotz: Wir hatten in Deutschland ein Umsatzplus von 14% auf 27 Mio. EUR, die Einzelergebnisse der Tochtergesellschaften werden nicht veröffentlicht.

BTH Heimtex: Resultiert Ihr Plus rein aus externem Wachstum durch die Integration der neuen Produktgruppe Gummi oder konnten Sie auch intern zulegen?

Lotz: Gummi ist in den +14% enthalten, der Zuwachs folgt aber nicht rein aus Gummi. Das schöne Wetter kommt von den Designbelägen, wobei wir auch im Homogen-Bereich ein kleines Plus eingefahren haben, im Gegensatz zum Markt, der 10% verloren hat. Da stehen wir also auch ganz gut da.

BTH Heimtex: War die Entscheidung richtig, in Gummi einzusteigen? Hat sich das so entwickelt, wie Sie sich das vorgestellt haben?

Lotz: Eindeutig Ja. Erstens haben wir unser Budget im letzten Geschäftsjahr fast genau auf den Euro erfüllt und liegen auch in diesem Jahr auf dem Niveau der Planung und zweitens ist Kautschuk eine sehr sinnvolle Ergänzung unseres Sortiments. Und - wir verdienen Geld damit, das ist das Wichtigste. Also kurz gesagt: Wir sind glücklich damit.

BTH Heimtex: Freut sich der Markt, dass er eine Alternative zu Freudenberg hat

Lotz: Schon. Man muss schon fairerweise zugeben, dass wir den einen oder anderen Auftrag aus diesem Grund erhalten und nicht, weil wir besser sind. Wobei uns das Kaufmotiv egal ist - Hauptsache, der Auftrag kommt.

BTH Heimtex: Andersherum gefragt: Haben Sie als Neueinsteiger eine echte Chance gegen einen marktbeherrschenden Anbieter wie Freudenberg? Nimmt man Ihnen Gummi-Kompetenz ab?

Lotz: Unsere Kompetenz kommt nicht vom Gummi her, sondern von den elastischen Belägen. Die Kunden wissen, dass wir Ahnung von elastischen Belägen haben - und sie haben Vertrauen in uns. Sie wissen, dass sie längerfristig mit uns arbeiten können und dass wir zu unserem Wort stehen. Wir halten, was wir versprechen.

BTH Heimtex: Sie sagten eben, dass Sie mit Gummi auch Geld verdienen. Ist der Ertrag vergleichbar mit Ihren anderen Produkten?

Lotz: Ich will es einmal so sagen: Der Ertrag ist bei Designbelägen sehr befriedigend, mit Homogen und Gummi sind wir zufrieden. Die Marge ist bei kreativen Produkten einfach besser als bei Gummi oder Homogen.

BTH Heimtex: Ihr aktuelles Geschäftsjahr ist fast zur Hälfte herum. Wie sehen Ihre Zahlen aus?

Lotz: Wir haben ein Plus von 10%. Und ich denke, dass wir das auch halten können. Wobei das natürlich nicht von ungefähr kommt. Wenn man in der heutigen Zeit wächst, hat man dafür auch etwas getan. Wir haben beispielsweise unsere Vertriebsstrukturen vor zwei Jahren verändert, sukzessive aufgebaut. Inzwischen haben wir 16 Außendienst-Mitarbeiter in Deutschland draußen im Markt, die 8 Bezirke bearbeiten, jeweils einer den Bereich Handel und der andere für das Objekt. Und wir haben uns Zeit gelassen, die Stellen zu besetzen, bis wir eine gute Mannschaft zusammen hatten. Das ist übrigens auch einer der Gründe, warum wir voran kommen: Wir haben gute Leute.

Der Umsatz an sich ist für uns aber nur Mittel zum Zweck. Als Zahl interessiert uns der Umsatz nur bedingt, die entscheidende Größe ist der Profit. Wenn der stimmt, womöglich höher ist als geplant, dann haben wir hier in Köln vom Kapitaleigner eine gewisse Narrenfreiheit für Aktivitäten. Generell arbeiten wir hervorragend mit unseren Kapitaleignern zusammen, das Verhältnis ist von großem Vertrauen geprägt.

BTH Heimtex: Und wie hat sich Karndean entwickelt? War die Entscheidung, Karndean zu separieren, auch richtig?

Lotz: Das war eine sehr richtige Entscheidung. Wobei wir Karndean ja nicht abgespalten, sondern neu gegründet haben. Der Firmenmantel existierte noch und wir haben die Gesellschaft reaktiviert. Hintergrund ist, dass uns unsere restriktive Vertriebspolitik bei der Marktdurchdringung etwas im Wege stand, weil wir uns dadurch in der Kundenzahl selbst begrenzt haben. So konnten wir über Karndean neue Kunden dazu gewinnen. Allerdings haben wir den eigenen Standort und Kundendienst von Karndean aufgegeben und uns auch zum Jahresende in Freundschaft von Herrn Bach getrennt. Jetzt vertreibt unser Außendienst in Personalunion die Karndean-Kollektion.

BTH Heimtex: Das widerspricht aber dem, was Sie eingangs sagten. Das klingt so, als sei die Verselbstständigung doch nicht der richtige Schritt gewesen. Warum halten Sie dann überhaupt noch Karndean als Unternehmen aufrecht?

Lotz: Ganz selbstkritisch gesagt, ändert man natürlich nichts, weil die Bäume in den Himmel gewachsen sind, sondern weil Probleme auftauchen. Da war zwar nichts Gravierendes, aber wir sind es gewohnt, gutes Geld zu verdienen...mehr will ich dazu nicht sagen. Zwei Unternehmen gibt es deswegen noch, weil wir die Option haben wollen, das eines Tages wieder zu separieren und getrennt am Markt zu agieren, um so gemeinsam einen größeren Marktanteil zu erarbeiten.

BTH Heimtex: Ist Ihr Produktportfolio jetzt rund oder könnten Sie sich noch weitere Ergänzungen vorstellen?

Claudia Kunath: Durchaus. Eine Ergänzung bringen wir jetzt zur Domotex: Forest FX, wir nennen es auch Wood-on-the-roll. Das ist eine Entwicklung von Halstead, die von uns unterstützt und umgesetzt wird, ein 2 m breiter, objektgeeigneter CV-Belag mit 0,7 mm Nutzschicht erst mal nur mit Holzdekoren, mit dem wir vor allem in Krankenhäuser und Altenheime wollen. Offen gesagt ist das keine kreative Leistung von uns, sondern wir springen auf einen fahrenden Zug auf und wollen von der vielversprechenden Entwicklung in diesem Sektor profitieren.

BTH Heimtex: Der Belag ist unterhalb Ihrer angestammten Produktrange angesiedelt, Sie runden Ihr Sortiment damit nach unten ab. Brauchten Sie einen Preiswert-Belag?

Claudia Kunath: Das kann man so nicht sagen. Wir haben die Entwicklung in diesem Bereich beobachtet und festgestellt, dass unsere klassischen Designbeläge nicht immer richtig sind und ehe wir hier anderen das Geschäft überlassen, kommen wir lieber mit einem eigenen Produkt.

Lotz: Genau genommen wird unser Sortiment in sich nie abgeschlossen sein. Wir werden immer im Markt darauf achten, wo es Lücken gibt und diese zu schließen versuchen. Wobei man aufpassen muss, dass man auch die entsprechenden Instrumente zum Vertrieb hat; man darf nicht zum Bauchladen verkommen.

BTH Heimtex: Was kommt noch an Neuheiten von Ihnen zur Domotex?

Kunath: Performa 2006, unsere neue Homogen-Kollektion, für die wir aus dem Programm unserer Mutter eine Auswahl getroffen haben, die unseren Marktbedürfnissen entspricht. Sie umfasst insgesamt 120 Positionen, darunter sind neben aktualisierten Bestsellern wie Polyflor Robust XL oder Polyflor Ultra auch neue Produkte wie Prestige oder welche, die wir wieder aufleben lassen, wie Mystique. Alle sind PU-beschichtet.

Dann haben wir auch unsere Kautschukkollektion überarbeitet, etwas eigenständiger gestaltet und auch den Auftritt modernisiert. Auch hier gibt es Klassiker wie Diamant oder die Schiefer-Fliesen, die wir in neuen Farben bringen, weil wir finden, dass Schiefer im Trend liegt und darüber hinaus Innovationen wie den zweifarbigen Chip-Belag Star mit Orangenhaut-Oberfläche.

Unabhängig von Kollektionen ist unser neues Designhandbuch zum Thema Designbeläge. Damit wollen wir Architekten, Handel und Verlegern zeigen, was man mit Designbelägen alles machen kann. Dabei unterscheiden wir drei Arten von Designverlegungen: Variante A, die rein auf Standardfliesen basiert, Variante B, bei der Standardfliesen mit einzelnen Designelementen wie fertigen Bordüren, Schlüsselsteinen oder Tozzettos kombiniert werden und Variante C mit individuellem, maßgefertigtem Designzuschnitt.

BTH Heimtex: Nochmal vom Produkt zurück zum Markt. Über die Verluste bei Homogen-Belägen haben wir schon gesprochen, wie hoch schätzen Sie den Absatz von Designbelägen - um 3 Mio. qm?

Lotz: 3 Mio. qm haben wir sicher. Theoretisch könnte das sogar eine zweistellige Millionenzahl werden. Das verlangt aber noch mehr Engagement. Es macht sich bis auf uns und vielleicht ein, zwei andere Mitbewerber kaum einer die Mühe, etwas Neues in den Markt zu bringen. Und wenn man etwas Neues bringt, muss man sich auch darum kümmern, man muss eine Story haben - das ist entscheidend, denn damit gewinnt man das Interesse der Kunden. Und mit der Story muss man auch das Konzept mitverkaufen, dem Kunden sagen, wie er das Produkt vertreiben kann, welche Marge er bekommt, und wie er sich damit gegenüber dem Wettbewerb profilieren kann.

BTH Heimtex: Stichwort Kunden. Sie waren immer stark großhandelsorientiert. Nun findet auch im Großhandel eine zunehmende Konzentration statt. Bremst Sie das nicht in Ihrer Expansion?

Lotz: Wir sind mit einem Anteil von 60% nach wie vor sehr großhandelslastig und glauben an den Großhandel - auch heute noch, wobei das manchmal nicht ganz einfach ist. Aber trotzdem glauben wir daran, weil wir davon überzeugt sind, dass der Großhandel insbesondere für den deutschen Markt eine ganz wichtige Rolle spielt. Deswegen konzentrieren wir uns auf die zukunftsfähigen Grossisten.

BTH Heimtex: Wann ist ein Großhändler für Sie zukunftsfähig?

Lotz: Erstens muss er sein Unternehmen in Ordnung haben, das heißt, er muss seine Kosten im Griff haben und Geld verdienen, zweitens muss er für die Zukunft motiviert sein - man merkt, ob jemand an sich und seine Firma glaubt - und drittens muss er dynamisch sein und sich immer wieder den Notwendigkeiten anpassen.

BTH Heimtex: Könnten Sie sich vorstellen, mit Designbelägen auch in Richtung Baumarkt zu gehen?

Lotz: Nein, Designbeläge sind völlig ungeeignet für den Baumarkt, weil sie Service benötigen: Beratung, Verlegung, Zuschnitt usw. Das würde im Moment auch imageschädigend für uns sein, passt überhaupt nicht in unsere Linie. Wir wollen den Großhändler, den Handwerker und den Objekteur. Wobei man natürlich auch aufpassen muss, dass der Zug nicht an einem vorbeifährt.

BTH Heimtex: Blicken wir über den deutschen Tellerrand hinaus zu Ihrer Mutter nach England. Herr Bonne, mit welcher Aufgabenstellung sind Sie zu Halstead geholt worden?

Yves Bonne: Ziel Nr. 1 ist die weitere Expansion in Europa. Und damit meinen wir Kontinentaleuropa. Wir wollen weiter profitabel wachsen und dazu brauchen wir eine klare, eindeutige Organisationsstruktur. Die war bisher nicht überall vorhanden, sondern es sind bestimmte Exportaktivitäten sowohl von Manchester als auch von Köln aus gesteuert worden und haben sich zum Teil überschnitten.

BTH Heimtex: Ursprünglich waren Sie aber langfristig als Nachfolger von Herrn Lotz vorgesehen. Ihre jetzige Position hat es gar nicht gegeben.

Lotz: Das ist richtig. Ursprünglich wollten wir den zentraleuropäischen Markt von Köln aus entwickeln, haben uns dann aber entschieden, diese Expansion von der Gruppe bzw. der Holding aus zu betreuen - und Yves Bonne ist mit seinem Hintergrund der richtige Mann für diese Aufgabe.

BTH Heimtex: Das heißt, Ihr Sitz ist in Manchester, Herr Bonne?

Bonne: Ja, ich habe aber auch hier in Köln ein Standbein, denn immerhin ist Objectflor die wichtigste Organisation in Europa und wird es auch bleiben. Meine Zeit verteilt sich natürlich auf die gesamte Organisation und da unser Prinzip ist, in den Märkten vor Ort präsent zu sein, werde ich dort auch sein.

BTH Heimtex: Welche sind Ihre strategischen Märkte?

Bonne: Deutschland ist das A und O. Hier machen wir über die Hälfte unseres Europa-Umsatzes und wollen ganz klar auch noch weiter wachsen. Bedeutende Möglichkeiten sehen wir darüber hinaus in den neuen EU-Ländern. Man darf nicht übersehen, wieviel an EU-Geldern dort etwa in das Gesundheitswesen und Schulen fließen - und das sind die Einsatzgebiete für unsere Beläge. Weitere Wachstumsmöglichkeiten sehen wir in neuen Produktkategorien wie Forest FX oder spezifischen Marktsegmenten wie dem Traffic-Bereich, den wir mit unserem Voyager-Konzept angehen. Es ist sogar denkbar, dass wir uns auf Distributionsebene einkaufen....

BTH Heimtex: Denken Sie bei neuen Produktkategorien auch über elastische Beläge hinaus?

Bonne: Durchaus. In Norwegen zum Beispiel haben wir Parkett mit im Programm. Entscheidend ist für uns, dass die Produkte in unsere Philosophie passen und dass wir Geld damit verdienen können.

BTH Heimtex: Sie deuteten eben Akquisitionen an. Gibt es konkrete Gespräche?

Bonne: Wir sondieren einiges, es gibt auch konkrete Gespräche. Wobei uns grundsätzlich nur gesunde, profitable Unternehmen interessieren. Wir wollen keine Verluste kaufen.

BTH Heimtex: Haben Sie so etwas wie einen Masterplan, nachdem Sie beispielsweise den Gruppenumsatz in einem bestimmten Zeitraum verdoppeln wollen?

Bonne: Nein, das entspricht nicht unserer Mentalität. Wir wollen nicht wachsen um des Wachstums willen. Wir leben vom Profit und nicht von der Größe. Ich weiß, wie gefährlich es ist, nur eine Mengenstrategie zu haben. Natürlich gibt es ein Ziel, aber das ist nicht rein quantitativer Natur, sondern auch qualitativer. Ein wichtiges Thema ist beispielsweise unsere Corporate Identity. Wir wollen uns stärker als James Halstead-Gruppe darstellen und werden das auch auf der Domotex kommunizieren.
aus BTH Heimtex 01/04 (Wirtschaft)