Kerakoll GmbH: Interview mit Geschäftsführer Hans-Dieter Albreit

"Mittelfristig lautet die Zielvorgabe 30 Mio. EUR Umsatz in Deutschland"

Als Hersteller bauchemischer Produkte griff Kerakoll im Mai 2006 aktiv in das deutsche Marktgeschehen ein. Nicht ohne Brisanz: Mit der Geschäftsführung in dem Tochterunternehmen wurde Hans-Dieter Albreit betraut, der diese Position bis dahin beim einem italienischen Wettbewerber bekleidete. Dann war es zunächst still um "Kerakoll Deutschland". Indes: Hinter den Kulissen hat sich viel getan, wie FussbodenTechnik im Interview von Albreit erfuhr.

FussbodenTechnik: Herr Albreit, vor gut einem Jahr sind Sie bei Kerakoll an den Start gegangen, um für das Unternehmen den deutschen Markt zu erschließen. Wie stellte sich für Sie die Ausgangssituation dar?

Hans-Dieter Albreit: Die deutschen Aktivitäten der Kerakoll Gruppe liefen bis Ende April 2006 unter SLC Deutschland GmbH. Die Firma hatte ihren Sitz in Pliening-Landsham bei München und beschäftigte sich ausschließlich mit dem Vertrieb der SLC-Palette, Schwerpunkt Verlegewerkstoffe für alle Arten von Holzbelägen. SLC, früher noch bekannt als Rinaldi, hat eine lange Tradition im deutschen Markt bei den einschlägigen Fachfirmen und Großabnehmern. Es wurde in den vergangenen fünf bis acht Jahren, bis Mai 2006, im wesentlichen Kundenpflege betrieben. Eine tatsächliche Innovation im Bereich der Angebotspalette fand nicht statt. Die Besetzung der Außendienstgebiete konzentrierte sich auf Süddeutschland.

FT: Nicht viel besser dürfte sich die Situation im Fliesenbereich dargestellt haben?

Albreit: Das Kerakoll-Sortiment für Fliesentechnik hatte überhaupt keinen Bekanntheitsgrad. Umsätze wurden in der Bundesrepublik, verteilt auf die vergangenen zehn Jahre, sporadisch getätigt. In der Summe wurde in diesem Zeitraum die Mio.-EUR-Grenze sicherlich weit überschritten. Erstaunlicherweise befanden sich hierunter auch Großobjekte wie die Flughäfen in Frankfurt und Düsseldorf. Eine konsequente Marktbearbeitung und eine Struktur bestand allerdings nicht. Der Vertrieb erfolgte durch freie Handelsvertreter.

Am 1. Mai 2006 wurde die SLC Deutschland GmbH in Kerakoll GmbH umfirmiert, um die zukünftigen Pläne der Gruppe in Deutschland zu realisieren. Mit der strategischen und organisatorischen Neuausrichtung wurde das Mandat erteilt, sowohl die Kerakoll-Fliesentechnik als auch die SLC-Fußbodentechnik entsprechend zu strukturieren und für die zukünftigen Aufgaben fachlich kompetent aufzustellen.

FT: Die wichtigste Sofortmaßnahme dürfte wohl der Umzug von München nach Obernburg in der Nähe Frankfurt gewesen sein?

Albreit: Sie müssen wissen, dass alles was Kerakoll anpackt, konsequent und sehr tiefgehend geplant wird, um dann entsprechend in die Umsetzung zu gehen. Die Verlegung des Standortes entsprach der Forderung nach Kundennähe, zentralem Sitz und Einsparung von Logistikkosten. Mit dem Lager in München waren wir zu weit vom deutschen Markt entfernt und zu nah an Italien. München ist eine sehr interessante und schöne Stadt, wird allerdings in vielen Fällen auch als die nördlichste italienische Stadt bezeichnet.

FT: Sind inzwischen alle wichtigen Schlüsselpositionen im Unternehmen besetzt?

Albreit: Bei meinem Eintritt am 1. Mai 2006 lag die Mitarbeiterzahl deutlich unter 10, in der Zwischenzeit ist die Manpower in der Kerakoll GmbH auf 25 angewachsen. Die Zielsetzung mit 30 Mitarbeitern zum Jahresende 2007 wird sehr wahrscheinlich überschritten, ich gehe von mindestens 35, vielleicht sogar 40 aus. Bei der Besetzung ging es mir zunächst um fachlich versierte Verkäufer für beide Bereiche, wobei ich Wert darauf gelegt habe, dass unser Verkaufsstab in der Lage ist, wesentliche Teile der Anwendungstechnik aufgrund entsprechender Erfahrung selbst dem Kunden anzubieten.

Meine Erfahrung zeigt, dass eine strikte Trennung zwischen Vertrieb und Anwendungstechnik keinen Sinn macht. Der Kunde erwartet von seinem Gebietsleiter auch fachliche Kompetenz. Die Führung des Außendienstes erfolgt in der Anfangsphase durch mich; entsprechende Leitungsstrukturen sind im Aufbau. Die Leitungspositionen in den Bereichen Anwendungstechnik, Marketing und Innendienst sind bereits besetzt. Vor den Personalentscheidungen stand allerdings die Sortimentsgestaltung an.

FT: Haben Sie ihre Hausaufgaben auch auf diesem Sektor erledigen können?

Albreit: Ja, für beide Geschäftsfelder gibt es ein attraktives Sortiment, überschaubar, mit qualitativ wettbewerbsfähigen Produkten, zum Teil mit Alleinstellung. Hinzu kommen die entsprechenden Zulassungen bzw. Qualitätsaussagen wie EC1 im Bereich Fußbodentechnik und entsprechende amtliche Prüfzeugnisse im Bereich Fliesentechnik. Eine große Anzahl von Produkten wurde speziell auf den deutschen Markt zugeschnitten. Die italienischen Kollegen aus Forschung und Entwicklung sowie Anwendungstechnik waren viele Male in Deutschland, um die Produkte so einzustellen, dass wir uns mit den wichtigen Spielern im Markt messen können.

FT: Wie wurde der Vertrieb ausgerichtet?

Albreit: Die wesentliche Rolle spielt der Fachgroßhandel. Der Vertrieb Fliesentechnik erfolgt ausschließlich über ausgewählte Top-Händler, die großes Interesse haben, mit uns zu arbeiten.

In der Fußbodentechnik ist dies ebenfalls als strategische Zielsetzung angesagt, wenngleich auch ein bedeutender Umsatzanteil aus der Historie direkt durch die Fachverleger oder Objekteure dargestellt wird.

FT: Wann wird man die Marken Kerakoll und SLC am Markt wahrnehmen?

Albreit: Bereits in der zweiten Jahreshälfte 2006 standen wir vor der grundsätzlichen Entscheidung, an der Domotex oder BAU teilzunehmen. Es ließ sich jedoch schnell absehen, dass aufgrund der dringenden Vorbereitungen für den Markteintritt eine effiziente Messepräsenz bereits für Januar nicht erreichbar sein würde. Die Teilnahme an einer internationalen Messe erfordert einen 12- bis 18-monatigen Vorlauf. Die durch den Verzicht frei gewordenen Mittel wurden deshalb für andere Schwerpunkte im Marketing eingesetzt.

Für den Marktauftritt von Kerakoll Fliesentechnik und SLC Fußbodentechnik haben wir mit der zentralen Marketingabteilung in Italien und unter Einschaltung einer qualifizierten Agentur die nächsten Schritte vorbereitet. Diese erstrecken sich von technischen Merkblättern, Katalogen und Anwenderbroschüren über die Verpackung bis hin zu entsprechender Media-Werbung.

FT: Als Lieferant von Parkettklebstoffen hatte SLC in früheren Zeiten großes Renommee. Konnte der Innovationsanschluss gehalten werden?

Albreit: Vom Renommee der Parkettklebstoffe hat SLC - und noch früher Rinaldi - lange Zeit auf dem Markt profitiert und damit auch Umsätze generieren können. Der Innovationsanschluss war für einige Zeit unterbrochen, aus welchen Gründen auch immer, und wurde dann ab Mai vergangenen Jahres neu in Angriff genommen. Heute verfügt SLC Fußbodentechnik über 1-komponentige PU-Klebstoffe und bereitet die nächsten Schritte für weitere Produktneuheiten vor. Selbstverständlich gibt es nicht nur Klebstoffe für Parkett, sondern wir haben ganz konsequent auch an einem aktuellen und attraktiven Sortiment im Bereich CV-Beläge, Teppich, Lino und Gummi gearbeitet. Und dies alles mit der entsprechenden qualitativen EC1-Zertifizierung.

FT: War es bei der Vielfalt der organisatorischen Aufgaben überhaupt möglich, Geld zu verdienen?

Albreit: Die Vorbereitung des richtigen Markteintritts und -auftritts erfordert umfangreiche Investitionen. Dies hat die Inhaberschaft von Kerakoll bereits früh erkannt, um dann ab Mai vergangenen Jahres konkrete Maßnahmen zu ergreifen. Die umfangreichen Anlaufkosten werden sich erst mittelfristig rechnen. Dass man sich Investitionen erlauben kann, ohne Fremdmittel in Anspruch zu nehmen, spricht für sich. Selbstverständlich ist auch die Expansion der Kerakoll-Gruppe bis 2010 abgesichert. Zielsetzung ist ein Umsatz in Höhe von 500 Mio. EUR. Es genügt doch nicht, einfach zu sagen, dass man den bestehenden Umsatz bis zum Jahr 2010 verdoppeln möchte, hierfür muss auch das entsprechende Kapital bereitstehen; bei Kerakoll ist dies der Fall - und im Übrigen ohne fremde Hilfe.

FT: Welches mittelfristige Umsatzziel hat sich Kerakoll in Deutschland gesetzt?

Mittelfristig 30 Mio. EUR Umsatz in Deutschland

Albreit: Unsere Umsatzzielsetzung in Deutschland bis 2012 wurde bereits klar definiert mit 30 Mio. EUR, wovon zirka ein Drittel auf SLC Fußbodentechnik entfallen sollte. Diese Planung ist unverändert. Das Abarbeiten der entsprechenden Hausaufgaben ist sicher eine anspruchsvolle Herausforderung, allerdings durchaus im realistischen Bereich. Bereits nach 14 Monaten befinden wir uns auf dem richtigen Weg und damit im Zielkorridor.

FT: Nach wie vor ist es so, dass Ihre deutschen Wettbewerber die wesentlichen Umsatzzuwächse im Ausland erzielen. Keine leichte Aufgabe für Sie, die ehrgeizigen Ziele zu realisieren?

Albreit: In der Zwischenzeit erzielen unsere deutschen Wettbewerber auch wieder leichte Umsatzzuwächse im hiesigen Markt. Die Kerakoll-Gruppe ist davon überzeugt, dass die für Deutschland geplante Entwicklung realisierbar ist durch eine Zunahme der Bauaktivitäten, durch Besetzung von Nischen und natürlich auch durch Wettbewerbsverdrängung.

FT: Welchen Grund sollten deutsche Großhändler haben, sich für eine Zusammenarbeit mit Kerakoll zu entscheiden?

Albreit: Wir wurden in den vergangenen Wochen und Monaten vermehrt von interessierten Fachgroßhändlern angesprochen, denen es nicht mehr möglich ist, die Wettbewerbssituation auf dem Klebstoffsektor durch Eigenmarken zu entschärfen. Deshalb ist ein neuer Hersteller von besonderem Interesse, der über einen selektiven Vertrieb in der Lage ist, dem Großhandel eine gewisse Alleinstellung zu gewährleisten.

Eigenmarken des Handels sind grundsätzlich schwer zu positionieren: Die Top-Marke Kerakoll wird die sich bietenden Chancen über das Instrument selektiver Vertrieb wahrnehmen und ist damit für den vorausschauenden Fachgroßhandel besonders attraktiv.


Kerakoll Telegramm

Kerakoll GmbH
Industrie Center Obernburg
D-63784 Obernburg a. Main
Telefon: 06022 / 81 36-00
Telefax: 06022 / 81 36-48
E-Mail: kerakoll@kerakollgmbh.de
Internet: www.kerakoll.com

Gründungsjahr: 2006
Mitarbeiterzahl: 25
Markennamen: Biocalce, SLC
Muttergesellschaft: Kerakoll S.p.A.
Verbandszugehörigkeit: GEV Gemeinschaft Emissionskontrollierte Verlegewekstoffe, Klebstoffe und Bauprodukte e. V.

Geschäftsführer: Hans-Dieter Albreit
Marketing: Reiner Wetzel
Technischer Service/Anwendungstechnik: Ralf Schütze

Produkte Bau
Estrich + Estrich-Technik
- Zementestrich
- Zementestrich konventionell (CT)- Werktrockenmörtel Sackware
- Spezialestriche- Schnellestrich

Vergütung und Sanierung von Estrichen- Reparaturmörtel
- Rissreparaturmaterial
- Haftbrücken
- Quarzsand

Abdichtungen, Trennlagen + Unterlagen
- Abdichtungen- Feuchtesperren / Dampfsprerren

Verarbeitung / Werkstatt
Fußboden:
- Vorestriche / Grundierungen /
- Spachtel / Ausgleichs /
- Nivelliermassen / Klebstoffe
- Universal Bodenbelagsklebstoffe
- Textilbelagsklebstoffe
- Parkettklebstoffe
- Spezialklebstoffe für Gummib.
- Spezialklebstoffe für Linoleum
- Fixierungen
- Klebstoffe für Korkbeläge
- Leitfähige Klebstoffe
- Spezialklebstoffe für Polyolefinbeläge/Nadelvlies/Treppenkanten/Ableitfähige Bodenbelagssysteme

Oberflächenbehandlung + Reinigung von Parkett- und Laminatböden
- Öle Wachse
- Reinigungssortiment / Pflegesortiment Parkett / Laminat
- Lacke / Versiegelungen


Spitzenprodukte im Fliesensegment

Der flexible Dünn- und Mittelbettmörtel H40 Tenax erfüllt nicht nur die europäischen Normen; zusätzliche Sicherheit gewährleistet das SAS (Shock Absorbing System).

Noch umfassender ist das Leistungsspektrum bei H40 Tenaflex: Dieser neue Dünn- und Mittelbettmörtel erreicht zusätzlich zu den Eigenschaften des H40 Tenax die S1 Qualifikation gemäß EN 12002 für hohe Verformbarkeit. "Dies macht sogar eine Verkleidung mit keramischen Fliesen und Platten an Fassaden möglich", verspricht Kerakoll.

Eine Sonderstellung wird auch für den Fugenmörtel Fugabella Porcelana 0-5 beansprucht. Dieser Feinfugenmörtel ist mit der Wasser abweisenden Kerakoll-Technologie WRT ausgestattet.
aus FussbodenTechnik 04/07 (Wirtschaft)