Holzland: Interview mit Geschäftsführer Thomas A. Baur

"Markenbildung schafft Wachstum für Handel und Industrie zugleich"

Auf großes Interesse ist die Veröffentlichung der ersten Management-Befragung in der Holzbranche gestoßen. Mehr als 100 Entscheider aus der Industrie und dem Handel waren im Herbst 2006 interviewt worden, um herauszufinden, wie sie die Zukunft der Branche einschätzen. Thomas A. Baur, Geschäftsführer der Holzland-Kooperation und Mitinitiator der Befragung, erklärt im Gespräch mit dem ParkettMagazin, welche Schlüsse Holzland für die Kooperationsarbeit aus den Ergebnissen der Befragung zieht.

ParkettMagazin: Der Holzhandel setzt im Bereich Parkett und Laminat immer mehr auf Eigenmarken des Handels. Den Markenherstellern mit ihren Marken kann das nicht recht sein. Wie wollen Sie diesen Konflikt auflösen?

Thomas A. Baur: Wenn wir die Ergebnisse der Management-Befragung zurate ziehen, dann gibt es den Gegensatz Eigenmarke / Herstellermarke so nicht. 84 Prozent der Handelsmanager sind der Auffassung, dass sich eine positive Einschätzung der Eigenmarke durch die Kunden auf die gesamte Leistung des Händlers überträgt. Immerhin 52,2 Prozent der Industrie-Manager stimmen dem zu, während 43,5 Prozent der Herstellervertreter das neutral sehen.

Zum Stellenwert der Herstellermarken sagen mehr als 90 Prozent der Händler und Hersteller, dass sie für den Kunden einen nachvollziehbaren Mehrwert darstellen müssen. Über 80 Prozent Händler und Hersteller glauben, dass Herstellermarken die Kompetenz des Händlers unterstreichen.

Daraus folgere ich: Der Handel braucht starke Herstellermarken und Eigenmarken zugleich, und dies sehen die Manager aus der Industrie sowie die der Handelsunternehmen mit großer Mehrheit genauso. Es geht letztlich immer um die Frage, welche Bedürfnisse hat der Kunde. Der Holzhandel muss sich so aufstellen, dass er dem Kunden einen Mehrwert bietet. Und hierfür ist ein Sortiment erforderlich, das starke Herstellermarken führt, die durch Eigenmarken ergänzt werden. Die Marken schaffen Wachstum, von dem die Industrie und der Handel gleichermaßen profitieren.

ParkettMagazin: Wie sieht die zukünftige Struktur der Beziehungen zwischen Herstellern und Händlern aus? Welche Aufgaben übernimmt die Parkett-/Laminatindustrie? Welche Aufgaben übernimmt der Holzgroßhandel? Welche Rolle spielt in der Zukunft der Holzeinzelhandel?

Baur: Es gibt hier zwei zentrale Aussagen. Fast 40 Prozent aller befragten Manager sind davon überzeugt, dass die Beziehungen zwischen Handel und Industrie positiv sind und dies auch in Zukunft so bleiben wird. Aber auf der anderen Seite glaubt mehr als die Hälfte der Verantwortlichen, dass sich die Beziehungen in Zukunft schwieriger gestalten werden. Aus meiner Sicht ist dies aber nicht bedrohlich.

Es ist jeweils eine Grundbefürchtung, die den Handel und die Industrie umtreibt. Der Handel fürchtet, dass die Industrie an ihm vorbei anfängt, direkt an die Kunden zu verkaufen. Die Industrie wiederum legt Wert darauf, dass sie als Lieferant nicht einfach ausgetauscht wird.

Beide Befürchtungen sind durchaus berechtigt. Umso mehr sehen wir es als unsere Kooperationsaufgabe an, gemeinsam Markt zu machen. In der Reihenfolge der Fragen, was die wichtigsten Anforderungen an den Holzhandel der Zukunft sind, wurde von allen Managern der Vertrieb als mit Abstand häufigste Antwort gegeben. Zu diesem Bereich zählt die Qualität und der Service, aber auch die Qualität der Sortimente. Außerdem wünschen sich die Hersteller neue Wege, Vertriebskanäle, mit denen Kunden erschlossen werden können, die der Holzhandel bislang nicht erreicht hat.

Die Bedeutung des Holzeinzelhandels wird weiter zunehmen, dadurch dass wir die Kunden immer systematischer ansprechen werden. Unsere Dachmarke "HolzLand" ist eine Antwort auf den Wettbewerb durch die Baumärkte, der ebenfalls zunehmen wird. Die Holzland-Eigenmarken zielen in diese Richtung, ebenso wie das Fachmarktkonzept.

Der Großhandel ist nach wie vor wichtigster Bereich fast aller Holzland-Unternehmen. Im Durchschnitt werden mehr als 60 Prozent des Umsatzes mit professionellen Kunden wie etwa den Handwerkern getätigt. Aus meiner Sicht wird die Rolle des Großhandels weiter zunehmen, wenn es den Händlern gelingt, ein aktives Großhandelsmarketing zu betreiben und diese Kundengruppen noch gezielter anzusprechen. Die Fragestellung ist ähnlich wie beim Einzelhandel: Welchen Mehrwert können wir dem Profikunden bieten? Auch hier sind wir als großhandelsstarke Kooperation gerade dabei, Lösungen für unsere Partnerunternehmen zu entwickeln.

Es steht außer Frage, dass der Holzgroßhandel im Profigeschäft rund um das Thema Boden im wahrsten Sinne des Wortes "Boden gut machen muss". Das Geschäft mit Profi-Abnehmern wie Bodenleger, Objektausstatter oder anderen läuft heute in der Regel nicht über den Holzhandel. Hier prüfen wir kritisch, was ein Holzhändler tun muss, um für Handwerkskunden im Bereich Boden interessant zu sein.

Die Aufgabe der Industrie sehe ich darin, marktgängige Produkte und Lösungen zu entwickeln, die die Bedürfnisse aller denkbaren Holzhandels-Zielgruppen befriedigen. Und an dieser Stelle kommen wir als Kooperation ins Spiel: Unsere mehr als 200 Partnerunternehmen haben die Nase ganz hart am Wind bei den Kunden. Das bedeutet, wir können einen wertvollen Informationsrückfluss von den Handelsunternehmen über uns zur Industrie sicherstellen, um Produktentwicklungen zu initiieren oder zu beeinflussen.

ParkettMagazin: Auf welche Weise gelangen in Zukunft Produkte und Leistungen zu den Kunden?

Baur: Es wird enge Vernetzungen geben, das bedeutet eine enge Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Handel. Dieser Prozess ist schon heute in Gang und wird von uns als Kooperation aktiv gefördert. Diese engere Vernetzung ist die Antwort auf die gewachsenen Kundenbedürfnisse. Der Kunde rückt noch mehr in den Blickpunkt allen Handelns. Moderne Managementkonzepte erlauben es, die gesamte Wertschöpfungskette auf allen Ebenen profitabler zu gestalten.

Notwendige Voraussetzung für diesen Prozess ist eine datentechnische Vernetzung von Herstellern und Handelsunternehmen. 46,1 Prozent aller befragten Manager aus Industrie und Handel halten das für sinnvoll.

Ähnlich sieht es bei der Frage nach der Vernetzung der Logistik aus. Nur 22 Prozent sehen hierin ein Problem zwischen Handel und Industrie. Gemeint ist hierbei sowohl die Transport- als auch die Lagerlogistik. Dies bedeutet, dass die Einsicht in die Notwendigkeit einer engeren Vernetzung von der Mehrheit der Manager auf beiden Seiten gesehen wird.

Damit reden wir über die elektronische Vernetzung mittels Edifact. Mehr als 80 Prozent aller befragten Manager aus Handel und Industrie messen dem elektronischen Austausch standardisierter Geschäftsdaten eine große Bedeutung bei. Dieses Ergebnis stimmt mich sehr zufrieden, weil wir noch vor der Befragung direkt im Anschluss an die Holzland-Expo eine Initiative gestartet haben, um die EDI-Anbindung der Holzland-Unternehmen an die Hersteller voranzubringen. Inzwischen nehmen mehr als 60 HolzLand-Unternehmen an Edifact teil und jeden Monat kommen neue hinzu. Dennoch sind wir noch nicht so ganz zufrieden, weil die Unternehmen, die bereits an EDI angeschlossen sind, dieses Werkzeug noch nicht hinreichend nutzen. Es ist wohl so, dass sich das Prozedere beim Umgang mit EDI im Tagesgeschäft bei den Händlern noch einschleifen muss.

ParkettMagazin: Wird die Bedeutung von Parkett- und Laminatböden beim Holzhandel weiter wachsen oder ist das Potenzial bereits ausgereizt?

Baur: Nach meiner Einschätzung sind die Umsatzpotenziale für Parkett und Laminat für den Holzhandel noch längst nicht ausgereizt. Parkett, Laminat, Massivholzdielen - kurzum das Thema Boden in seiner ganzen Vielfalt - liegt absolut im Trend. Aus meiner Sicht werden sich Marktanteile zuungunsten der textilen und elastischen Bodenbeläge weiter ausbauen.

Wenn der Holzhandel es in Zukunft versteht, sich so zu positionieren, dass er sein Sortiment vom Preiseinstieg bis zum Premiumprodukt und die entsprechenden Dienstleistungen von Präsentation, Beratung über Services bis hin zur Verlegung mit anbietet - ob in Kooperation mit Fachbetrieben oder in eigener Regie - wird er sich weitere Potenziale erschließen können.

Ich möchte betonen, dass ich Wachstum für den Holzhandel in diesem Segment nicht zuletzt darin sehe, auch der Konkurrenz wie dem Bodenbelagshandel oder den Baumärkten hier Potenziale abzunehmen. Genau diese Strategie steckt hinter unserem Holzland-Fachmarkt-Konzept und damit hinter unseren Vertriebslösungen im Segment Boden.

Im Bodenbereich hat Holzland, wenn Sie so wollen, eine Positionierung gestartet, ausgerichtet auf unterschiedliche Zielgruppen. Unser Discount-Konzept deckt das Segment des Preiseinstiegs bis zum Mittelfeld ab und erreicht Kundenkreise, die der klassische Holzfachhandel aus unserer Sicht nicht erreichen kann. Demgegenüber bedienen wir mit unserem Fachmarktkonzept für den Holzhandel das Mittelfeld bis zur Oberklasse.

Die Entwicklungen aus der Industrie bringen immer neue Böden auf den Markt, die durch Technik als auch durch Design orientierte Oberflächen verstärkt auf die Vermarktung im Holzhandel abzielen. Daher ist auch hier das Potenzial für den Holzhandel sehr hoch. Wir sehen in unterschiedlichen Vertriebsantworten in Zukunft klare Wachstumspotenziale. Hier schließe ich ausdrücklich auch den Holzhandel als Partner des Profikunden ein.

ParkettMagazin: Gibt es grundlegend neue Entwicklungen/Konzepte, mit denen der Holzhandel auf die verstärkte Konkurrenz durch Baumärkte und Baustoffhändler reagiert?

Baur: Im Vertrieb sehen die Manager aus Handel und Industrie die größte Herausforderung für die Zukunft. Unsere Antwort darauf lautet Unterscheidung vom Wettbewerb und hier sind wir bei Holzland auf gutem Wege.

Der Vertriebskanal Holzhandel wird sich in verschiedene Vertriebsformen splitten, um den unterschiedlichen Kundenwünschen gerecht zu werden. Der Holzhandel ist gefordert, die Klaviatur der Vertriebsmöglichkeiten gezielt einzusetzen, um seine Kunden zu erreichen.

Nehmen Sie - ich greife dieses Beispiel erneut auf - unser neues Discount-Modul Laminat-Lager. Damit zielen wir auf die preisbewussten Kunden, die üblicherweise in den Baumärkten einkaufen - und zwar mit preisaggressiven Angeboten, die einem Qualitätsanspruch gerecht werden. Hiermit erschließen wir dem Holzhandel völlig neue Kundengruppen. Wenn Sie so wollen, drehen wir mit dem Discount den Spieß um - und machen im preisaggressiven Segment der Großfläche Konkurrenz.

Auf der anderen Seite zielt das auf der Expo vorgestellte Fachmarktkonzept auf qualitätsbewusste Kunden, die weder im Discount noch in den Baumärkten fündig werden. Ein typischer Holzhändler hat 450 verschiedene Bodenarten im Sortiment, wer sollte da mithalten können?

Der Fachmarkt bedient klar definierte Zielgruppen, ebenso wie der Discount. Weitere Differenzierungen - etwa im Bereich des Online-Handels sind denkbar. Darüber hinaus ist und bleibt der Holzhandel der wichtigste Vertriebskanal der Industrie, um neue Produkte einzuführen. Diese Funktion können die Wettbewerber aus dem Bereichen Baumärkte oder Baustoffhandel nicht durchgängig wahrnehmen. Es sind jedenfalls Versuche dieser Art, neue Produkte über die Großfläche einzuführen, in der Vergangenheit gescheitert. Diese Kompetenz muss der Holzhandel gezielt zeigen, will er hier für die Industrie interessant bleiben. Dass der Holzhandel hier aktuell die Nase vorn hat, darf nicht als Selbstläufer betrachtet werden.
aus Parkett Magazin 03/07 (Wirtschaft)