Interview mit Surtech-Geschäftsführer Wigbert H. Sauer

Wohnen mit Glasdekogewebe

Das Bündnis für Glasdekogewebe ist ein Zusammenschluss namhafter Hersteller und Distributeure mit dem Ziel, den Wandbelag stärker ins Bewusstsein der Entscheider am Bau zu rücken. Aber auch die Endverbraucher will man überzeugen. Schließlich eignet sich der objekttaugliche Wandbelag auch hervorragend für Privaträume, meint Wigbert H. Sauer, Geschäftsführer des Bündnispartners Surtech. In einem Interview spricht der Oberflächenspezialist über die optischen und technischen Vorteile des Materials.

Herr Sauer, Sie stellen seit 25 Jahren Oberflächensysteme aus Glasdekogeweben her. Warum entscheiden sich jetzt vermehrt die Eigenheimbesitzer für diese Wandbeläge?

Sauer: Der Trend, Glasdekogewebe in Privaträumen einzusetzen, zeichnet sich seit einigen Jahren ab. Unterstützt wird diese Entwicklung durch die vielen optischen Neuerungen. Heute sind sehr feine Jacquard-Dessins verfügbar.

Also sind die optischen Möglichkeiten für Endverbraucher kaufentscheidend ...

Sauer: Nein, die sind aus meiner Sicht weiterhin sekundär. Seine größten Trümpfe spielt Glasdekogewebe immer noch im technischen Bereich mit außergewöhnlichen Eigenschaften aus. Wir haben es mit einem mineralischen Baustoff zu tun, der nach der Installation komplett in den Baukörper übergeht. Wände werden dadurch stoßfester und strapazierfähiger. Auch kleinere Putzrisse, wie sie in jedem Gebäude mit der Zeit entstehen, werden dauerhaft armiert. Argumente dieser Art dringen immer mehr zum Verbraucher durch.

Auf welchen Untergründen kann man Glasdekogewebe anwenden?

Sauer: Im Prinzip auf allen. Man soll es sogar: Stein, Lehm, Putz oder Gipskartonplatten dehnen sich bei Klimaschwankungen oder Alterung unterschiedlich aus. Das extrem reißfeste Glasdekogewebe gleicht diese Werkstoffunterschiede aus und sorgt für dauerhaft gleichmäßige Oberflächen. Man denke nur an das Einsatzgebiet der Dachausbauten! Gerade Eigentümer arbeiten deshalb zur Werterhaltung mit diesen Materialien.

Glasdekogewebe wird aus Glasfasern gewebt. Wie sieht es mit der gesundheitlichen Verträglichkeit dieser Stoffe aus?

Sauer: Glas ist neutral. Es schmeckt nicht, es riecht nicht und es brennt nicht. Im Gegensatz zu vielen herkömmlichen Wandbelägen kommt es auch im Brandfall bei Kombination mit den richtigen Anstrichstoffen zu keinen schädlichen Ausdünstungen. Außerdem sind die Beläge abwaschbar und desinfizierbar, das ist gerade für Allergiker von großem Vorteil.

Können sich Glasfasern von der Wand lösen?

Sauer: Nein. Die Glasfasern sind durch eine Appretur gebunden. Wird das Gewebe mittels Dispersionskleber und Farbe an der Wand fixiert, löst sich ohnehin nichts mehr ab.

In welchen Bereichen kommen Glasdekogewebe bevorzugt zum Einsatz?

Sauer: Naturgemäß dort, wo neben Ambiente auch Strapazierfähigkeit gefragt ist. Unerlässlich sind diese Materialien, wenn mit Gipskartonplatten gearbeitet wird, wie es etwa in vielen modernen Bungalows oder Trockenbau bei Altbausanierungen der Fall ist. Das Gewebe trägt hier zu einer wesentlichen Stabilisierung der Wand bei. Auch handwerkliche Maßnahmen - Verkabelungen der Haustechnik - können so sehr viel unproblematischer ausgeführt werden.

Designerküche und Glasdekogewebe - passt das zusammen?

Sauer: Unbedingt. Hochwertige Küchen verfügen heutzutage über glatte Oberflächen. Ergänzt man dieses Design um Fliesenwände, also um weitere glatte Oberflächen, ist das nicht nur optisch ein Fehlgriff. Es beeinträchtigt zusätzlich den "Wohlfühlfaktor "weil das menschliche Auge keinen Ruhepol mehr hat, an dem es sich ausruhen kann. Wir brauchen Strukturen, weil wir auf glatten Flächen keinen optischen Halt finden. Studien haben bewiesen, dass in Räumen mit vielen glatten Oberflächen, etwa Resopalflächen, Ermüdungserscheinungen, Konzentrationsmangel und Kopfweh deutlich erhöht sind.

Die fein strukturierten textilen Glasdekogewebe sind deshalb eine passende Ergänzung zu glatten Oberflächen. Außerdem verfügt der Wandbelag über viele sehr günstige technische Eigenschaften. Bei verputzten oder tapezierten Wänden etwa ziehen die Dämpfe, die beim Kochen frei werden, in Wand und Decke ein. Im alkalischen Milieu werden die Fettrückstände in Buttersäure umgewandelt. Deswegen riecht es gerade in älteren Häusern oft ranzig. Glasdekogewebe können - ergänzt etwa mit einem Polyurethananstrich - so diffusionsdicht eingestellt werden, dass die Oberflächen absolut geschlossen sind. Ablagerungen können abgewaschen werden. Es entstehen keine unangenehmen Gerüche, auch nach Jahrzehnten nicht.

Sind Glasdekogewebe auch im Kinderzimmer denkbar?

Sauer: Im Kinderzimmer kommt es auf das Grundgerüst an: Es muss ökologisch, strapazierbar und vor allem flexibel sein: Sind die Kinder klein, malt die Mutti eine Wiesenlandschaft an die Wand. Ein paar Jahre später wollen die Kinder dann selbst die Gestaltung der Innenwände in die Hand nehmen, etwa in Form von eigenwilligen Farbkombinationen und Postern, bis die nächste Lebensphase beginnt. Glasdekogewebe übersteht all diese Stadien schadlos.

Was muss man beim Einsatz im Wohnzimmer beachten?

Sauer: Aufgrund großer Deckenflächen drängt sich der Einsatz von Glasdekogeweben in Wohnzimmern auf: Durch die armierenden Eigenschaften können hässliche Putzrisse vermieden werden. Setzt sich eine Optik vom Treppenhaus über die Küche bis in den Wohnbereich fort, dann kann das sehr großzügig wirken. Übrigens rate ich bei Wohnräumen immer zu Geweben mit feinen Strukturen und einer sehr leichten Farbgebung.

Können Glasdekogewebe darüber hinaus - etwa durch spezielle Anstrichtechniken oder Farben - gestalterisch bearbeitet werden?
Sauer: Glasdekogewebe ist eine hochwertige Grundlage für sämtliche gestalterische Mittel. Erst auf so einer Grundlage macht es Sinn, viel Geld für besondere Techniken und Farbanwendungen, wie etwa Le Corbusier-Farben der Bauhausepoche, auszugeben.

Was kostet Glasdekogewebe - auch im Vergleich zu herkömmlichen Wandbelägen?

Sauer: Für einen Quadratmeter Raufaser berechnet der Maler im Schnitt sieben Euro. Für einen Quadratmeter Glasdekogewebe - inklusive Grundieren und Streichen - etwa elf Euro. Dafür bieten die Glasdekogewebe viele technische Vorteile - angefangen mit dem Brandverhalten über die Desinfizierbarkeit bis hin zur Langlebigkeit. Sie können mit herkömmlichen Wandbelägen also eigentlich gar nicht verglichen werden.

Wie hoch ist die Lebensdauer eines Glasdekogewebes?

Sauer: Im Prinzip unendlich. Ist das Glasdekogewebe einmal an der Wand, kann es gewischt, geschrubbt, desinfiziert und viele Male gestrichen werden, ohne dass die Strukturoptik darunter leidet.

Kann nur der Maler Glasdekogewebe verarbeiten, oder sind diese Materialien auch heimwerkertauglich?

Sauer: Es gibt mittlerweile Selbststreichsysteme auf dem Markt, die problemlos vom Heimwerker installiert werden können.

Wo können sich Verbraucher detailliert informieren?

Sauer: Weitere Informationen liefert beispielsweise die Website www.klebundstreich.de. Einen guten Überblick über die am Markt vorhandenen Muster sowie weitere Verarbeitungstipps und Referenzen gibt es auf www.glasdekogewebe.de
aus BTH Heimtex 10/07 (Wirtschaft)